Contents: Bilder-Atlas zur Geographie von Europa

22 IV. Die mitteldeutsche Gebirgsschwelle. 
des Odenwaldes, einst die Hauptstadt der prachtliebenden Aurfürsten von der Pfalz, jetzt eine 
vielbesuchte Universitäts- und Fremdenstadt nüt feinem gesellschaftlichen Leben. Sorgfältig 
gepflegte Parkwege führen am Nordabhange des Rönigstuhls empor zum Heidelberger 
Schloß, dem prunkvollsten Fürstenhofe Deutschlands in früheren Jahrhunderten, bis die Raub- 
Horden Ludwigs XIV. ^688 den größten Teil desselben zerstörten. Nur das Mittelstück, der 
sogenannte Otto-Heinrichs-Bau (s. Abbildung), aus dem \6. Jahrhundert ist erhalten ge- 
blieben und zeugt von der entschwundenen Pracht des ganzen Bauwerkes. Im Westen endlich, 
bereits auf der Hochfläche Lothringens, wo die Natur keine feste Grenze mehr zwischen Deutsch- 
land und Frankreich gezogen, liegt die gewaltige Festung Metz (5. 90, 60,000 Einwohner) 
inmitten französisch redender Bevölkerung, bestimmt, die Mosel- und Nahestraße wie den Weg 
nach Straßburg zu schützen, ein Glied in der Reihe furchtbarer Bollwerke längs des Rhein- 
stromes wider den deutschen Erbfeind. 
Wie ein Rahmen zu diesem lebenssatten Bilde erheben sich im Osten und Westen der 
Rheinebene die Höhenzüge der Vogesen und der ^ardt, des Schwarzwaldes (S. 92) und 
Odenwaldes, deren weiche, kuppige Formen so sehr zum Charakter der ganzen Landschaft 
stimmen. Oft genug ist die große Ähnlichkeit dieser parallel laufenden Erhebungen, die man mit 
Recht als Zwillingsgebirge bezeichnet hat, hervorgehoben worden. Die merkwürdige Erschei- 
nung hat ihren Grund in der Entstehung des oberrheinischen Gebirgssystems. Die breite Fluß- 
ebene ist nämlich kein Auswaschungsthal, sondern ein langgestreckter Einbruch zwischen den hohen 
Randgebirgen, die zu beiden Seiten die Einsenkung einfassen. Die Gebirge des oberrheinischen 
Systems bildeten, bevor die Rheinebene allmählich einsank, eine einheitliche, geschlossene Masse, 
und Schwarzwald und Vogesen sind die stehengebliebenen Pfeiler der Erdrinde. 
IV. Vie mitteldeutsche Gebirgsschwelle. 
Von dem breit hingelagerten Schieferplateau der Ardennen bis hinüber zu den Karpathen 
legt sich als trennende Landscholle zwischen das süddeutsche Beckenland und die norddeutsche 
Tiefebene eine Reihe sehr verschieden benannter und verschieden gearteter Gebirge, die unter 
dem gemeinsamen Namen mitteldeutscheGebirgsschwelle zusannnengefaßt werden. Zwei 
wesentlich verschiedene Teile müssen in diesem Gebiete auseinander gehalten werden. Während 
der östlich vom Fichtelgebirge gelegene Teil einen ziemlich schmalen Gebirgszug darstellt, ver- 
breitert sich der westliche zu einem zwar niedrigeren, aber ausgedehnteren Berg- und öügel- 
lande, den Resten alter, abgetragener Hochgebirge. Es sind dies: das rheinische Schiefer- 
gebirge, der Thüringer Wald und der L)arz. Zwischen den einzelnen Erhebungen streben zahl¬ 
reiche Flüsse dem norddeutschen Tieflande zu und stellen so die natürlichen Verbindungswege 
zwischen Süden und Norden her. Unter ihnen ist die nicht bloß für den verkehr bedeutsamste, 
sondern auch die landschaftlich schönste und an Denkmälern menschlichen Schaffens und Wal- 
tens reichste die Rheinstraße zwischen Bingen und Bonn (S. 93)- 
X» Das niederrheinische Tchiefergebirge. 
In einer engen Felsengasse hat sich der Strom durch die breite Plateaumasse des rheini- 
schen Schiefergebirges Bahn gebrochen. Aber nicht alle Hindernisse vermochte er bei dieser 
Arbeit zu beseitigen. Noch durchsetzen zahlreiche Felseninseln das tiefe Flußbett, und das Riff 
am Binger Loch bildete jahrhundertelang ein ernstes Hindernis der rheinischen Flußschiffahrt, 
das erst in den letzten Jahrzehnten beseitigt wurde. Von Bingen abwärts entfalten sich nun 
vor dem Auge des Beschauers Naturbilder, wie sie kein Fluß der Erde schöner und mannig- 
faltiger aufzuweisen hat. Welche malerische Abwechselung von Bergen und Thälern, Felsen 
und Schluchten, Städten und Dörfern, Burgen und Airchen! Welcher Völker- und Waren- 
verkehr belebt die Bahn des Flusses! Welche Erinnerungen aus vergangenen Tagen knüpfen 
sich an die zahlreichen Städte, die uns grüßen, an die Ruinen, die ins Thal herniederschauen, 
an das hehre Denkmal der Germania auf dem Niederwalde, errichtet vom deutschen Volke.
	        
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