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nach West oder umgekehrt sich ausdehnen und nirgends, soweit wir bis—
jetzt die Sahara kennen, von Norden nach Süden streichen. Manche Dünen
haben eine Höhe von 3400 Fuß. In der Regel ist die den herrschenden
Winden abgekehrte Seite sehr steil, 35 — 400, sodaß man oft Stufen auf⸗
wühlen muß, um mit den Kamelen hinaufzukommen, und an Dünen von
kompaktem Sande hängt sogar stellenweis der Kamm oben über, gerade
wie eine im Überstürzen begriffene Welle. Die andere, dem Winde zuge—
kehrte Seite fällt dagegen flach und leicht gekräuselt ab. Eine Verschiebung
des Standpunkts, ein Vorrücken der Dünen ist in der Richtung von Nord
nach Süd nicht wahrzunehmen. Fände eine solche Vorwärtsbewegung statt,
so würden die tief ausgetretenen Karawanenwege, welche, wie der von Ain—
Ssala nach Rhadames, hart an den Südwänden hoher Dünen hinlaufen,
schon unter dem Sande verschwunden, oder die Seeen der Dase des Jupiter
Ammon von Dünensand zugeschüttet sein.
So mannigfache und bedeutende Veränderungen aber der Wind in
den Sandmassen, ihrer Gestaltung und Lagerung hervorzubringen ver—
mag, so gehört es doch in das Reich der Fabeln, daß ein Wüstensturm,
und sei er noch so heftig, die Gewalt habe, Karawanen unter Sand zu
begraben. Menschen und Tiere, wenn sie genügend mit Wasser und Nah—
rung versehen sind, werden immer Kraft genug behalten, den angewehten
Sand von sich abzuschütteln. Gegen das Eindringen desselben in Auge,
Mund und Nase kann man sich durch Umhüllung des Kopfes mit Tüchern
oder andern Kleidungsstücken schützen. Allerdings liegen im Sande der
Sahara nicht bloß einzelne Gerippe, sondern ganze Gruppen bei einander,
aber nicht ein Orkan hat die Menschen und Tiere, denen sie angehörten,
getötet, sondern sie sind wegen Wassermangels an Durst und Erschöpfung
umgekommen. Als geschichtlich beglaubigte Thatsache gilt, daß ein Heer,
welches Kambyses, König der Meder und Perser, im Jahre 525 vor Chr.
zur Eroberung des Jupiter-Ammon-Tempels aussandte, auf dem Marsch
durch die Wüste zu Grunde ging. Wenn aber weiter berichtet wird, das
Heer sei am achten Tage, nachdem es von Theben ausgezogen, durch die
Sandwirbel eines gewaltigen Südsturms vollständig verschüttet worden, so
muß ich diese letztere Angabe in Zweifel ziehen. Die Ursache des Unter—
gangs wird eben Mangel an Lebensmitteln gewesen sein; die Armee hatte
sich vielleicht verirrt, oder sie war absichtlich vom Wege abgelenkt worden.
Ein Reisender wollte sogar in aufgefundenen Knochenhaufen die Überreste
des Kambyses'schen Heeres erblicken; allein wie könnten die Knochen zu
Tage liegen, wenn eine Sandüberwehung stattgefunden hätte! Es wird
auch von der Verwehung einer Karawane von 2000 Menschen, die sich
im Jahre 1805 ereignet habe, erzählt. Aber der Reisende Minutoli schreibt
schon: „Das Heer des Kambyses und die Karawane von 2000 Mann,