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Holzungen eingerahmten blauen Hassberger und Hohwachter Binnenseen
und auf die landkartenartig ausgebreitete mit zahllosen Hecken durch¬
schnittene Probstei, eines der fruchtbarsten dem Kloster Preetz zustän¬
digen Districte Holsteins. Und wie wunderbar sanft mischt sich in den
Frohsinn dieser Landschaft der feierliche Ernst des unabseebaren Meeres,
das Segler und Dampfer in allen Richtungen durcheilen. Es ist eine
herablassende Grösse, die durch ihre unendliche Erhabenheit die minu¬
tiöse Spielwelt des Vordergrundes adelt. Oft tritt noch die zauberische
Fee Morgana hinzu und spiegelt die weisse Küste von Langeland oder
die Dörfer am Strande Lollandsund auf Fehmarn bis auf Meilennähe mit
mährchenhafter Täuschung dem Auge vor.
H. Biernatzki.
31. Kiel und Rendsburg
sind die beiden nördlichsten Städte Holsteins. Kiel, schon im
12. Jahrhundert von den Wenden zerstört, in unmuthiger Gegend
am tiefen Fjord, der einen ausgezeichneten Winterhafen bildet, ist
die deutsche Universitätsstadt des Vaterlandes mit ca. 15,000 Ein¬
wohner, großartigen Fabrikanlagen, öffentlichen milden Stiftungen,
Kunstmuseum und einem landesherrlichen Schlosse. Die sehr alte
Messe, der Kieler Umschlag genannt, die vom 6. Januar bis
zum 2. Februar dauert, ist der übliche Zahlungstermin für den
Süden. 4 Kirchen, die Hauptkirche St. Nicolai, die Kloster- oder
Garnisonskirche, die St. Jürgenskirche und eine katholische Kirche.
Die Stadt besteht aus 2 Theilen, dem ältesten und neuern. Jener
Theil liegt ursprünglich auf einer kleinen Halbinsel, die durch einen
jetzt fast verschlammten Arm des Fjords, deut kleinen Kiel gebildet
wird, und ist durch 2 Brücken mit dem neuern Theile verbunden.
Der Bahnhof der Kiel-Altonaer Eisenbahn liegt in der zweiten Hälfte
und steht durch eine Pferdebrücke mit der Hauptschiffbrücke in Ver¬
bindung. Der einzige Marktplatz der Stadt liegt in der Mitte der
alten Hälfte. An dem nördlich von der Stadt belegenen Gehölze
Düsternbrook ist eine Seebadeanstalt, in der Hölzung im Süden,
Viehberg, eine große vom Professor Jessen gegründete Heilanstalt für
Gemüthskranke, Hornheim genannt, errichtet.
Rendsburg, in flacher Gegend auf einer Insel in der Eider und
zu beiden Seiten derselben, zählt gegen 10,000 Einwohner, war vom
9. Jahrhundert an bis zum vorigen Jahre eine starke Festung. Das
Alter der Stadt ist unbekannt, dagegen bekannt, daß der Eiderpaß
bei Rendsburg schon im 9. Jahrhundert der wichtigste Punkt der
Grenzwehr im Süden Dänemarks war. Ein festes Schloß,
Reinoldsburg, wurde hier am Schluffe des 11. Jahrhunderts, wo
jetzt die Alistadt liegt, von einem holsteinischen Heerführer, einem
Prinzen Bero oder Björe oder Grafen Reinold ausgeführt, später
vom Herzog Adolph III. neuerbaut, aber im Jahre 1200 an König
Knud VI. abgetreten, der im folgenden Jahre die Burg durch eine
lange zum Dorfe Vinzier hinüberführende Brücke mit dem nördlichen
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