Full text: Deutsches Lese-, Lehr- und Sprachbuch für Schule und Haus

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an, als ob sie etwas sagen wollten." Da antwortete der Vater: „Wenn 
sie reden könnten, so würden sie sagen: „„Freundliches Zutrauen erweckt 
Zutrauen, und Liebe erzeuget Gegenliebe."" 
160. Die Eichel und der Kürbis. 
Sohn, mit Weisheit und Verstand ordnete des Schöpfers Hand 
alle Dinge. Sieh umher! Keines steht von ungefähr, wo es steht. 
Das Firmament, wo die große Sonne brennt, und der kleinste Sonnen¬ 
staub, deines Athems leichter Raub, trat auf Gottes mächtig Wort, jeg¬ 
liches an seinen Ort. Alles ist in seiner Welt ganz vollkommen. Den¬ 
noch hält mancher Thor es nicht dafür, und kunstrichtet Gott in ihr. 
So ein Thor war jener Mann, den ich dir nicht nennen kann, der, als 
er an schwachen Ranken einen Kürbis hängen sah, groß und schwer wie 
deiner da, den du selbst gezogen hast, — den verwegenen Gedanken he- 
gete: Nein, solche Last hätt' ich an so schwaches Reis wabrlich doch nicht 
aufgehangen; manchen Kürbis, gelb und weiß, Reih bei Reih in gleichem 
Raum, hätt ich wollen lassen prangen hoch am starken Eichenbaum. Also 
denkend geht er fort, und gelanget an den Ort einer Eiche, lagert sich 
längelang in ihren Schatten und schläft ein. — Die Winde' hatten 
manche Woche nicht geweht. Da entstand in der Eiche hohem Wipfel 
ein Gelispel. Starke Weste schütteln ihre vollen Aeste, und es stürzt 
von dem Bewegen prasselnd ein geschwinder Regen reifer Eicheln von 
dem Gipfel. Viele liegen auf dem Grase, aber eine fällt gerade dem 
Kunstrichter auf die Nase. Plötzlich springt er auf und sieht, daß sie 
blutet. Dieser Schade geht noch an, denkt er, und flieht und bereuet 
auf der Flucht den Gedanken, welcher wollte, daß der Eichbaum eine 
Frucht gleich dem Kürbis tragen sollte. Traf ein Kürbis mein Gesicht, 
spricht er, nein, so lebt ich nicht. O wie dumm hab ich gedacht! Gott 
hat alles wohl gemacht! 
Ilil. Der Krise mir. 
Auf einer langen Reis’ Arists war stets die Sonn in Dunst 
versteckt. Oft heulte Sturm in der durchwühlten Luft, oft, 
wenn er schwieg, fiel schnell ein Wolkenbruch mit vielem Lärm 
zur bangen Erd herab; Die Seel Arists war finster, wie die 
Luft. Er hofft umsonst, die Sonne wiederum am Firmament 
zu sehen, die daraus verschwunden schien, und klagt voll Un¬ 
geduld den Himmel an, der bald die Welt verbrennt und bald 
ersäuft. — Thor! Um was beschwerst du dich? sagt ihm die 
Stimme der Vernunft, als ein Pfeil vor ihm ins Erdreich fuhr. 
Dieser Pfeil hätt' dich erreicht, wär nicht die Sehne durch den 
Regen schlaff geworden. Tadle nicht, so kühn, als schwach, 
die Einrichtung der Welt! was willst du doch mit Maulwurfs- 
augen durch den Himmel sehn! Den du im Sturme hörst, und 
über dir in Blitz gehüllet siehst, der sorgt für dich. 
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