25
bei sich selbst: Wohlän, das will ich thun, ich will mich ausmachen
und cs bei meinen Töchtern versuchen! Die Weiber haben ein wei¬
cheres Herz. — Da er aber eine Zeit lang bei seiner Tochter ge¬
wesen war, wurde sie sein überdrüssig und meinte, es sei ihr im¬
mer Höllenangst, wenn der Vater zur Kirche oder simst wohin gehe
und die hohe Treppe hinunter müsse; bei der Schwester Lisbeth
brauchte er keine Treppe gu steigen, die wohne zur ebenen Erde. —
Damit er in Frieden wegkam, gab ihr der Alte zum Scheine Recht
und zog zu seiner andern' Tochter, lind da er eine kurze Zeit bei
ihr gewesen war, wurde sie sein müde und lies; ihm durch einen
Dritten zu Ohren kommen, ihr Quartier an der Pegnitz wäre zu
feucht für einen Mann, der mit der Gicht geplagt sei; ihre Schwe¬
ster, die Todtengräbcrin zu Set. Johannis, hätte eine überaus
trockne Wohnung. Der Alte glaubte selbst, sie könne Recht haben
und begab sich vor das Thor zu seiner jüngsten Tochter Lena. —
Als er nun zwei Tage bei ihr gewesen war, sagte ihr Söhnlein
zu seinem Großvater: Die Mutter sprach gestern'zu der Base Lis¬
beth, für dich gäbe es kein besseres Quartier, als in einer Kam¬
mer, wie sie der Vater grabe. Ueber diese Rede brach dem Alten
das Herz, das; er in seinen Armstnhl zurück sank und starb. Set.
Johannes nahm ihr; auf und ist barmherziger gegen ihn, als seine
sechs Kinder, denn er läßt ihn in seiner Kammer immer ungehin¬
dert schlafen seit der Zeit. Darum sagt man im Sprüchwort, das;
ein Vater leichter kann sechs Kinder ernähren, denn sechs Kinder
einen Vater.
35. Du sollst deinen Vater nnd deine Mntter ehren.
Eine arme Banerwttwe hatte ihren Sohn mit Spinnen er¬
nährt, nnd als er auf der Schule war, hatte sie ihm die Speise
über Aeld zugetragen. - Dieser Sohn wurde später ein vornehmer
Mann. Einst gab er ein ^großes Gastmahl. In dem Eßzimmer
sahen die Gäste zwei Dinyc, über die sie sich sehr wunderten. Un¬
ter einem prächtigen Spiegel hing ein ganz geringer Knotenstock.
Sodann stand ganz oben au dem Tische ein alter Stuhl mit einer
hohen Lehne und einem neuen Ueberzngc. Die Gäste fragten den
Herrn des Hanscö, was das bedeute. Er antwortete: „Ich hatte
nichts als diesen Stab, da ich ans meiner Mutter Hanse ging.
Der Stuhl aber ist meiner lieben Mutter Spinnstnhl gewesen, an
welchem sie so viel erarbeitet hat, das; ich ans der Schule leben
konnte." Als endlich die Gäste alle beisammen waren, bat er sie,
daß er noch einen fehlenden Gast holen dürfe. Bald kommt er
zurück. Ali seinem Arme führt er ein altes Mütterchen in Baucrn-
tracht nnd setzt es auf den Spinlistnhl oben an. Es war seine
Mutter, die er also ehrte.
36. Ein dankbarer Sohn.
Ein achtzehnjähriger Mensch, dessen Eltern arme Tagelöhner-
2