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doch mäßig, so daß sie sein Haus zierten und seine Freunde
erfreueten, und ging alsdann in sein Kämmerlein und sprach:
solches hast du dir kaufen und deinen Vorrath mehren können,
und legte in den Gotteskasten; dazu sendete er gern von dem
köstlichen Weine, wenn ein Kranker dessen bedurfte. Also
that er sein Lebenlang.
Als er nun sterben sollte, da klagten und weinten die
Armen, die Wittwen und Waisen und sprachen: Wer wird
sich unser erbarmen, wenn Bencdictus von uns scheidet?
Er aber sprach: ein guter Hausvater sorget, daß auch
dann, wenn er nicht daheim ist, dem Kindlein Nichts ge¬
breche. So nehmt den Gotteskasten mit Allem, was darin¬
nen ist. Er gehöret den Armen, den Wittwen und Waisen;
theilet davon aus und verwaltet es wohl und weislich. Dar¬
auf starb er, und es geschah, wie er gesagt hatte.
Also bestehet der Gotteskasten seit hundert Jahren zum
Troste der Bedürftigen, und des Mannes Andenken bleibt
im Segen.
61. Denkspruch.
Durch Reden nicht, durch Thun und Schweigen
Muss sich die wahre Grösse zeigen,
62. Der Blinde und der Lahme.
Von ungefähr muß einen Blinden
Ein Lahmer auf der Straße finden,
Und jener hofft schon freudenvoll
Daß ihn der Andre leiten soll.
Dir, spricht der Lahme, beizustehen?
Ich armer Mann kann selbst nicht gehen;
Doch scheint's, daß du zu einer Last
Noch sehr gesunde Schultern hast.
Entschließe dich, mich fortzutragen,
So will ich dir die Stege sagen;
So wird dein starker Fuß mein Bein,
Mein helles Auge deines sein.
Der Lahme hängt, mit seinen Krücken
Sich auf des Blinden breiten Rücken,
Vereint wirkt also dieses Paar,
Was einzeln keinem möglich war.
* * *