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Wir betreten das Land und sind eingeschlossen von einem unübersehbaren
Häuserkranze. Die Breite, die Großartigkeit endloser Straßen, von unzähligen
Gasten und Gäßchen durchflochten; das geschäftige Umhertreiben einer rastlosen
Bevölkerung, das unaufhörliche Nebeneinanderjagen von vier, fünf, sechs
Wagenreihen, Alles erfüllt uns mit dem Gefühle, in einer Weltstadt zu sein.
Auf dem Wochenmarkte liegen neben der täglichen Kost des irischen Bettlers
die Kinder der heißen Zone, die Ananas und andere Früchte aufgehäuft. Auf
dem Fischmarkte erblickt man die Wunder und Ungestalten des Meeres und
den grinsenden Negermatrosen, der an Austern sich labt, welche die feilbietende
Hökerin aus schmutziger Flasche mit Saune und Pfeffer würzt. Die riesigen
Docks mit ihren Bassins, ihren Quais, ihren Schuppen und Waarenlagern,
von Tausenden von Masten überragt, erscheinen mit ihren hohen und festen
Mauern, wie große Vorrathshäuser, in denen die ganze Welt ihre Schätze auf¬
bewahrt. Zwei Bassins sind von solcher Größe und Tiefe, daß mehrere hundert
Dreimaster mit voller Ladung darin Platz finden. Schiffe und Maueranschläge
tragen bunt durcheinander die Namen aller Länder der Erde, von denen sie
kommen, zu denen sie führen: Havanna, Manilla, Konstantinopel, Malta und
Alexandrien, Neapel, Odesta, Kap der guten Hoffnung, Batavia, Adelaide,
Rio Janeiro, Ncw-Pork u. a.
In der City, dem geräuschvollsten Theile der Stadt, wo in den engen
und winkeligen Gassen die größten Handels- und Wechselhäuser stehen und in
den Kellern des Bankgebäudes ungeheure Masten von Gold und Silber lagern,
erhebt sich, von Häusern umdrängt, die größte protestantische Kirche der Erde,
die Paulskirche, mit ihrer herrlichen 144 Fuß im Durchmesser haltenden Kuppel.
Auf ihrem Thurme übersieht man ganz London, wenn nicht Rauch und Nebel
die Stadt mit einem grauen Schleier überdecken. In Westminster, dem
ruhigsten und schönsten Stadttheile, wo die breiten Straßen und die vielen
Rasen- und Gartenplätze uns wieder freier athmen lassen, empfangen uns die
prachtvollsten Läden, in denen die kostbarsten Waaren ausgestellt sind. Hier
glänzen aus den Gewölben die flimmernden Schätze der Juweliere; dort blen¬
den das Auge reizende Drapperien, kunstvolle Stickereien und die kostbarsten
Zeuge. Neben großartigen Glas- und Stahlwaarenlagern laden ausgezeichnete
Kunstsammlungen und die prächtigen Läden der Bäcker und Fleischer zum
Kaufen und Genießen ein. Einen wundervollen Anblick gewähren die Gewölbe
und Läden bei der hellen, reinen Gasbeleuchtung, wenn das Licht von den
großen Spiegeln wiederstrahlt, die an den Seitenwänden und im Hintergründe
ausgestellt sind. Bis in die späten Abendstunden dauert dann das rege Leben
auf diesen vom hellsten Gaslichte illuminirten Straßen. Wenden wir uns wie¬
der zurück aus diesem von Vornehmen und Reichen bewohnten Stadttheile
nach dem Ostende. Welches neue Gewühl von Menschen umgibt uns!
Schiffer, Schiffsmäkler und Schiffsbauer, Handwerker, Fabrikanten und Tröd¬
ler. unzählige umherziehende Besenmädchen, Käufer und Verkäufer gehen ge¬
schäftig durcheinander. Armuth und Verworfenheit, Lustigkeit und Gemeinheir