233 
Wir betreten das Land und sind eingeschlossen von einem unübersehbaren 
Häuserkranze. Die Breite, die Großartigkeit endloser Straßen, von unzähligen 
Gasten und Gäßchen durchflochten; das geschäftige Umhertreiben einer rastlosen 
Bevölkerung, das unaufhörliche Nebeneinanderjagen von vier, fünf, sechs 
Wagenreihen, Alles erfüllt uns mit dem Gefühle, in einer Weltstadt zu sein. 
Auf dem Wochenmarkte liegen neben der täglichen Kost des irischen Bettlers 
die Kinder der heißen Zone, die Ananas und andere Früchte aufgehäuft. Auf 
dem Fischmarkte erblickt man die Wunder und Ungestalten des Meeres und 
den grinsenden Negermatrosen, der an Austern sich labt, welche die feilbietende 
Hökerin aus schmutziger Flasche mit Saune und Pfeffer würzt. Die riesigen 
Docks mit ihren Bassins, ihren Quais, ihren Schuppen und Waarenlagern, 
von Tausenden von Masten überragt, erscheinen mit ihren hohen und festen 
Mauern, wie große Vorrathshäuser, in denen die ganze Welt ihre Schätze auf¬ 
bewahrt. Zwei Bassins sind von solcher Größe und Tiefe, daß mehrere hundert 
Dreimaster mit voller Ladung darin Platz finden. Schiffe und Maueranschläge 
tragen bunt durcheinander die Namen aller Länder der Erde, von denen sie 
kommen, zu denen sie führen: Havanna, Manilla, Konstantinopel, Malta und 
Alexandrien, Neapel, Odesta, Kap der guten Hoffnung, Batavia, Adelaide, 
Rio Janeiro, Ncw-Pork u. a. 
In der City, dem geräuschvollsten Theile der Stadt, wo in den engen 
und winkeligen Gassen die größten Handels- und Wechselhäuser stehen und in 
den Kellern des Bankgebäudes ungeheure Masten von Gold und Silber lagern, 
erhebt sich, von Häusern umdrängt, die größte protestantische Kirche der Erde, 
die Paulskirche, mit ihrer herrlichen 144 Fuß im Durchmesser haltenden Kuppel. 
Auf ihrem Thurme übersieht man ganz London, wenn nicht Rauch und Nebel 
die Stadt mit einem grauen Schleier überdecken. In Westminster, dem 
ruhigsten und schönsten Stadttheile, wo die breiten Straßen und die vielen 
Rasen- und Gartenplätze uns wieder freier athmen lassen, empfangen uns die 
prachtvollsten Läden, in denen die kostbarsten Waaren ausgestellt sind. Hier 
glänzen aus den Gewölben die flimmernden Schätze der Juweliere; dort blen¬ 
den das Auge reizende Drapperien, kunstvolle Stickereien und die kostbarsten 
Zeuge. Neben großartigen Glas- und Stahlwaarenlagern laden ausgezeichnete 
Kunstsammlungen und die prächtigen Läden der Bäcker und Fleischer zum 
Kaufen und Genießen ein. Einen wundervollen Anblick gewähren die Gewölbe 
und Läden bei der hellen, reinen Gasbeleuchtung, wenn das Licht von den 
großen Spiegeln wiederstrahlt, die an den Seitenwänden und im Hintergründe 
ausgestellt sind. Bis in die späten Abendstunden dauert dann das rege Leben 
auf diesen vom hellsten Gaslichte illuminirten Straßen. Wenden wir uns wie¬ 
der zurück aus diesem von Vornehmen und Reichen bewohnten Stadttheile 
nach dem Ostende. Welches neue Gewühl von Menschen umgibt uns! 
Schiffer, Schiffsmäkler und Schiffsbauer, Handwerker, Fabrikanten und Tröd¬ 
ler. unzählige umherziehende Besenmädchen, Käufer und Verkäufer gehen ge¬ 
schäftig durcheinander. Armuth und Verworfenheit, Lustigkeit und Gemeinheir
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.