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samirte Leichname heißen Mumien, und man hat deren viele aus Aegypten
weggeholt und hie und da, unter Anderm auch in Bonn am Rheine, zur Schau
aufgestellt. Sie sehen aber gar nicht schön aus, solche zusammengedörrte
Menschenleibcr, sondern braun und häßlich. — Die alten Väter, Israel und
Joseph, sind auch einbalsamirt worden.
Weil nun der Mensch länger im Grabe liegt, meinten die Aegypter, als
er auf Erden lebt, so muß auch sein Todtenhaus schöner und dauerhafter sein,
als das, welches er bei seinen Lebzeiten bewohnte. Und wer darum irgend
konnte, ließ sich eine schöne Grabeshöhle ausbauen im Felsgebirge, und
manche Könige ließen sich gar noch bei ihren Lebzeiten einen großen vierseiti¬
gen Steinberg ausbauen, der unten breit und oben spitzig und mitunter gegen
800 Fuß hoch war. Und wenn sie nun starben, wurden ihre Mumien in
Särge gelegt und in den finstern Keller jener Steinberge oder Pyramiden
hineingesetzt. Wer noch jetzt nach Aegypten kommt, staunt über die ungeheuern
Bauwerke und bedauert die armen ägyptischen Leute, die ihren harten Königen
solche ausführen mußten. Wenn er aber hört, daß an der größten jener Pyra¬
miden 36,000 Maurer 20 Jahre gearbeitet und für ungefähr 2 Millionen
Thaler Zwiebeln und Knoblauch dabei aufgegessen haben, so kann er sich die
Sache schon besser erklären. Wie klein sind doch dagegen die höchsten und grö߬
ten Bauwerke, die wir gesehen haben! Die Alten wollten Alles gern groß
und gewaltig haben und sich dadurch, wie in Babel, einen großen Namen ma¬
chen — der doch eitel ist.
Von den Mumien merkt euch noch das Eine. Wenn die lebendigen
Aegypter bei irgend einem Mahle fröhlich beisammen saßen, so wurden auch die
Todten herbeigebracht und mit in die Reihe gesetzt. Und wozu das? Dabei
sollten sich die Gäste erinnern, daß sie auch einmal sterben müßten. Und es
wäre wohl gut, wenn wir Christenleute hier von den Heiden Etwas lernten,
und das Gebet Moses: „Herr, lehre uns bedenken, daß wir sterben müsien,
auf daß wir klug werden!" öfter und inniger nachbeteten.
3. Die Phönizier.
Im Norden des heiligen Landes liegt ein hohes, einst mit Cedernbäumen
dicht bewachsenes Gebirge, der Libanon genannt, und an dessen westlichen
Abhängen, so wie in der von Natur unfruchtbaren, schmalen und sandigen
Uferebene am mittelländischen Meere wohnten einst die Phönizier, Nach¬
kommen Chams. Von ihren spätern Hauptstädten hießen sie in der heiligen
Schrift gewöhnlich Tyrer oder Sidonier. Da ihr Land sie unmöglich er¬
nähren konnte, so suchten sie ihre Speisen im Wasier, fingen an zu fischen und
zu schiffen, und da sie das feste Cedernholz so nahe hatten, bauten sie sich lau¬
ter kleine Archen und trieben damit Fischerwerk. Nach und nach wagten sie sich
weiter fort von ihrem Vaterlande. Aber wie fanden sie die Wege? Fahrgeleise
gibt's doch auf dem Wasser nicht, und immer dicht am Ufer hinzufahren, ist