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(Sotumbu3 nahm die Insel mit den üblichen Formen und Feierlich¬ 
keiten in Besitz. Die guten Indianer sahen das mit an, ohne Etwas davon zu 
begreifen; freilich hätten sie wohl auch vergebens gefragt, nach welchem Rechte 
fremde Ankömmlinge ein schon bewohntes Land ohne Weiteres für sich in Be¬ 
sitz nähmen. Die Insel führte den Namen Guanahani; der Entdecker 
nannte sie San Salvad or. Coluinb us war wirklich der Meinung, an 
einer zu Indien gehörigen Insel angelangt zu sein, und erst spät überzeugte 
man sich davon, daß man einen neuen Erd theil entdeckt habe. Dieser Irr¬ 
thum veranlaßte auch, daß man die Eingebvrnen Indianer nannte, und 
erst später unterschied man die hier liegenden Inseln durch den Namen W e st- 
indien von dem alten und von jetzt an Ostindien genannten Indien. 
Er entdeckte bald noch größere Inseln, wie Cuba, Hahty; die Küsten zeig¬ 
ten ihm überall einen Reichthum der Pflanzenwelt, eine Schönheit der Gegend, 
eine krystallene Durchsichtigkeit der Gewäsier, eine schirmende Bläue des Him¬ 
mels, einen strahlenden Glanz der nächtlichen Gestirne, wie er solche noch nit 
erlebt. Bald stießen sie auch auf mehr gebildete und kriegerische Einwohner. 
J,hre Könige hießen Kaziken. Einer derselben erzählte dem Columbus, 
freilich mehr durch Zeichen, als durch Worte, daß zuweilen Feinde von den 
benachbarten karai bi scheu Inseln sie überfieln, die Gefangenen fortschlepp¬ 
ten, brieten und — auffräßen. Auch gab er ihm eine Menge Gold für kleine 
Messer. Spiegel, Schnüre zmd ähnliches Spielzeug, bemerkte ihm aber, das 
eigentliche Goldland seit weiter gegen Süden zu suchen. Columbus gab 
dem Kaziken zu verstehen, er wolle auf seiner Insel (Hispaniola oder Haity) 
eine kleine Festung zum Schutze gegen jene Menschenfresser erbauen und eine 
Hülfsbesatzung darin zurücklassen, was denn die Eingebornen mit großer 
Freude erfüllte. Columbus selbst mußte an seine Rückkehr denken, weil ein 
Schiff ihm gescheitert war, und ihm seine Begleiter nicht sehr zuverlässig schie¬ 
nen; 39 Spanier ließ er zurück, ermahnte sie zu einem friedlichen Benehmen 
gegen die Indianer, nahm einige Eingeborne und Erzeugnisse ihres Bodens 
mit an Bord und ging endlich am 3. Januar 1493 wieder unter Segel. 
Ein fürchterlicher Sturm hätte aber den kühnen Seglern und ihren wich¬ 
tigen Nachrichten beinahe Vernichtung gebracht. Columbus, dem Alles 
daran lag, daß die wichtige Aufgabe seines Lebens, die er nun gelöst, der 
Menschheit nicht verloren gehe, schrieb eilig eine Nachricht von seinen Ent¬ 
deckungen auf Pergament, steckte dies, sorgfältig verwahrt, in eine Tonne und 
warf sie in's Meer. Nun erwartete er ruhig sein Schicksal. Doch sollte ihm 
die Freude zu Theil werden, selbst das Gelingen seines Unternehmens zu be¬ 
richten. Der Himmel klärte sich auf, und am 15. März 1493 lief Colum¬ 
bus in den spanischen Hafen von Palos ein. Mit welchem Jubelgeschreie 
wurde er da von der gaffenden Menge empfangen, die ihn vor 7 Monaten an 
eben der Stelle abfahren sah! Man läutete die Glocken, feuerte die Kanonen 
ab und erdrückte ihn beinahe, als er, ein frommer Christ, mit den Seinen in 
Prozession nach der Hauptkirche ging. Der Hof hielt sich damals in B arcel- 
lonq auf, und Columbus mußte daher der Länge nach ganz Spanien 
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