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Len, aus ganzem Herzen, aus deiner ganzen Seele und
aus deinem ganzen Gemüthe. Dies ist das erste und vornehmste
Gebot. Das andere aber ist diesem gleich: Du sollst deinen Näch-
sten lieben, wie dich selbst." (Matth. 22, 37 — 39.) „Willst
du zum Leben eingehen, so halte die Gebote." (Matth. 19, 17.)
„Wer meche Gebote weiß und sie halt, der ist es, der mich liebt."
(Joh. 14, 21.) — Aber der Mensch kann auch hinabsinken, der wil-
lenssreie Geist unter die Herrschaft fleischlichen Gelüstes, gleich
dem Thiere ein Sklave seiner sinnlichen Natur. „Denn das Fleisch
gelüstet wider den Geist, der Geist aber wider das Fleisch: denn
diese sind einander entgegen, so daß ihr nicht alles thun dür¬
fet, was ihr wollet." (Gal. 5,17.)— So laßt uns denn hienieden
muthig kämpfen den Kampf des Geistes wider das Fleisch, den
Kampf der Tugend wider die Sünde — und in diesem Kampfe
rüstig empor klimmen von Sttife zu Stufe zu immer größerer Voll¬
kommenheit und Gottähnlichkeit: denn das ist des Menschen
Bestimmung. „Seid also vollkommen, wie euer Vater im Himmel
vollkommen ist." (Matth. 5, 48.) — Und haben wir dann treulich
ausgekämpft diesen Kampf, so wird — wenn die sterbliche Hülle un¬
seres Leibes bricht — nicht nur unsere unsterbliche Seele einge¬
hen in die Freude des Herrn, der ja gesagt hat: „Wo ich bin, da
wird auch mein Diener sein." (Joh. 12, 26.) — sondern es wird
auch dereinst der verklärte Leib an dieser Freude Theil haben:
„Denn es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern
liegen, die Stimme des Sohnes Gottes hören, und hervorgehen wer¬
den die Gutes gethan haben, zur Auferstehung des Lebens —
die aber Böses gethan haben, zur Auferstehung des Gerichts."
(Joh. 5, 28. 29.)
1. Aufrecht
Sohn! Aufrecht sei dein Gang
Und all' dein Thun aufrichtig!
Aufrechter Gang ist für
Den Menschen nicht unwichtig.
Hoch halte sie, o Sohn,
Und mach' Gebrauch davon;
Steh' aufrecht, wo du stehst,
Nah oder fern dem Thron.
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Die erste, größte Gunst,
Und ist, vom Kind gelernt,
Er ist, von Gott gewährt,
Und geh', aufrechten Haupts,
Ohn' Hochmuth auf der Erde,
Aufrichtig sei dein Sinn,
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Die erste, schwerste Kunst.
Dein Wort und die Gebärde.
Sie, und die eng mit ihr
Verbundene Kunst der Rede,
Begründet und bedingt
Der andern Künste jede.
Halt aufrecht, wie dich selbst
Das Recht; wo du vermagst,
Richt' auf Erliegende
Und dich, wenn du erlagst.
Die Sterne winken dir,
Zu ihnen aufzurichten
Den Blick und deinen Gang
Nach ihrem Lauf zu richten-