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Die tägliche Mahlzeit bestand aus vier Schüsseln, außer dem Braten,
den die Jäger an dem Bratspieße hereinzubringen pflegten und den
er lieber als jede andere Speise aß. Während der Mahlzeit ließ er
sich die Geschichten und Heldenthaten alter Zeiten, besonders aber
die herrliche Schrift des heiligen Augustinus vom Staate Gottes vor¬
lesen. Seinen Schlaf unterbrach Karl einigemal, wo er dann zu
Gott betete oder über Negierungsgeschäfte nachdachte oder auch nach
den Sternen sah.
Die christliche Religion hat er auf's Heiligste und mit der höch¬
sten Frömmigkeit und Ehrfurcht gepflegt und geehrt. Für die
Ausbreitung des Christenthums führte er Kriege und erweiterte mit
seinem Reiche das Reich Jesu Christi, das Reich der ächten Menschen¬
bildung unter den rohen Völkern jener Zeit. Die Gesetze, die er
diesen Völkern gab, wurzeln sämmtlich in dem Boden des christlichen
Glaubens; denn der weise Fürst wußte, daß keine Achtung vor
Menschensatzungen zu suchen sei, wo keine Ehrfurcht vor Gott ist.
Der kindlich fromme Sinn des großen Mannes erbauete sich zu
Aachen ein prächtiges Münster, ein herrliches Gotteshaus von gar
großer Schönheit und schmückte es mit Gold und Silber. Frühe
und spät, zur Messe und zur nächtlichen Andacht ging er — so lange
es sein Gesundheitszustand erlaubte — stets unverdrossen in die
Kirche und trug Sorgfalt, daß Alles darinnen mit möglichster
Wohlanständigkeit geschah.
In Unterstützung der Armen bewies sich Karl sehr fromm.
Nicht blos in seinem^Neiche ließ er an Arme Geld austheilen, son¬
dern auch über das Meer nach Jerusalem, Alerandria und Karthago
sandte er milde Gaben an Christen, die in Armuth lebten. Er
suchte in dieser Absicht die Freundschaft nicht christlicher Fürsten, um
den unter ihrem Scepter wohnenden Christen Schutz und milde
Behandlung zu verschaffen. Besonders ehrte er durch reiche Ge¬
schenke an Gold, Silber und Edelsteinen die Kirche des heiligen Pe¬
trus zu Rom. Er wollte, daß sie nicht blos gesichert und beschirmt,
sondern auch durch seine Schätze vor allen Kirchen geschmückt und
bereichert werde.
Karl war ein zärtlich besorgter Vater seiner Kinder. Die
tüchtigsten Lehrer mußten sie in den Wissenschaften und Künsten
unterrichten. Die Söhne mußten sich nach der Franken Weise in
den Waffen und der Jagd üben, während die Töchter zu allen
häuslichen Arbeiten angehalten wurden. Er ließ sie an's Wollen¬
weben gewöhnen, auch den Nocken und die Spindel fleißig hand¬
haben , „damit sie nicht in eitlem Müßiggänge hinstarreten." Er
liebte seine Kinder so zärtlich, daß er daheim niemals ohne sie bei
Tafel gesessen, niemals ohne sie eine Reise gemacht. Wie Karl
gegen seine Kinder voll Liebe, so war er gegen seine Mutter Bertha,
die bis in ihr hohes Alter bei ihm lebte, voll Ehrfurcht. — Gegen
seine Freunde trug er eine zärtliche Liebe. Als Papst Hadrian,