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III.
Die Seele des Menschen.
Der Mensch besteht nicht blos aus einem sichtbaren
Körper und dessen Gliedern, sondern diesen Körper belebt
und regieret auch eine unsichtbare Seele oder ein Geist.
Wie können wir aber nun wissen, daß die Seele da
ist, und was sic ist? wie können wir sie kennen lernen?
An dem, was wir uns vorstellen, was wir denken
und urtheilen, was wir empfinden, wünschen, begehren
und verabscheuen, sehen wir eigentlich uns selbst oder die
Seele. Wir fühlen uns selbst, sind unser selbst bewußt,
und empfinden, was in und außer uns vorgeht. Unsere
Sinne, die Werkzeuge und Diener der Seele, sind uns
dazu behülstich. Wenn wir sie gehörig gebrauchen, so em¬
pfinden wir das, was wir sehen, hören , riechen, schme¬
cken und fühlen; wir stellen uns das Alles wieder vor,
und beurtheilen und unterscheiden, was wir em¬
pfinden.
Die Seele nimmt durch die Sinne wahr, was
außer uns vorgeht, und macht sich davon eine Vor¬
stellung. Dieß heißt man die äußere Empfin¬
dung. Sie stellt sich aber auch vor, was in ihr selbst
vorgeht, was sie gern oder "ungern thut, was sie begeh¬
ret und verabscheuet: sie hat eine innere Empfind¬
ung — sie empfindet sich selbst.
. Wir können uns viel vorstellen, viel begreifen und
lernen, und durch Unterricht/ Erfahrung und Nachdenke
en täglich verständiger und besser werden. Aüfangs ist
uns, freylich Manches dunkel; es wird aber bey un-
ermüdetem Aufmerken klar und endlich deutlich. Wir
haben von jeder Sacheeinen deutlichen Begriff, wenn
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