22. Dem deutschen Vaterlande war es jedoch nicht
gegönnt, die Segnungen des Friedens lange zu genießen.
Nach wenigen Jahren ward die Nuhe durch Ludwig XlV.,
König von Frankreich, wieder gestöret. Mitten im Frie¬
den riß dieser Fürst nebst anderen Ländereyen die Stadt
Straßburg von Deutschland ab, und verheerte die para¬
diesischen Gegenden des Mittel-Rheins mit hunnischer
Grausamkeit. Kaiser Leopold I. hatte um dieseZeit(l 681)
mit den Türken, die in Ungarn eingefallen waren, blutige
Kämpfe zu führen, und war daher genöthiget, den Fran¬
zosen die gemachten Eroberungen größtentheils zu über¬
lassen, und mit ihnen einen zwanzigjährigen Waffenstill¬
stand zu schließen. Nach wenigen Jahren entzündete sich
ein neuer, schwerer Krieg, der spanische Snceessi-
onskrièg genannt.
23. Karl II., König von Spanien, ver letzte Sproß»
aus der spanischen Linie des Hauses Österreich (1522 ward
Österreich dadurch, daß Karl V. die deutschen Erbländer
seinem Bruder Ferdinand abtrat, und für sich in Deutsch¬
land allein die Niederlande behielt, in die spanische und
deutsche Linie geschieden) war alt und ohne Erben. Der
Churprinz von Baiern, Joseph Ferdinand, den er zu sei¬
nem Nachfolger ernannt hatte, starb unvermuthet, und
nun berief der kranke König, durch Ludwig XIV. verlei¬
tet, dessen Enkel, Philipp von Anjou auf Spanien's
Thron. Aber auch Kaiser Leopold I. forderte denselben
für seinen zweyten Sohn Karl, den er sogleich, als Karl
III. zum König von Spanien erklärte. Der Krieg war
nun entschieden. Baiern in der Mitte konnte nicht neu¬
tral bleiben: es schloß sich an Frankreich, und so kam das
Unglück des Krieges in das Herz von Deutschland. Er
dauerte 12 Jahre, nämlich von 1701 bis 1713. Der
Kaiser wurde von seinen Alliirten verlassen, mußte zur
Versöhnung-die Hand biethen, und den Frieden zu Ra¬
statt unterzeichnen. Die spanische Monarchie kam an
das Haus Bourbon.