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und bat ihn, ihm doch Las Buch abzuschreiben. Dieser nahm dann feines,
Lünnes Pergament, zog sich saubere Linien, und fing nun an zu schreiben.
Ehe er fertig wurde, verging oft ein Jahr oder mehre, und daher war es
kein Wunder, wenn er für ein einziges Buch hundert und mehre Thaler
forderte. An Schulbücher war damals natürlich gar nicht zu denken. ^Wie
viel unvollkommener mußten also schon aus diesem Grunde damals die Schu¬
len sein! Auch die Lehrer konnten nicht weiter fortstudiren, weil sie sich keine
Bücher anschaffen konnten. Lesebücher gab es damals gar nicht, und so fiel
ein Hauptmittel weg, dem Geiste Nahrung zu verschaffen, das Herz durch das
Lesen guter Bücher zu veredeln und den Geschmack auszubilden. Kein Wun¬
der also, wenn man das Mittelalter die Zeit der Rohheit des Geistes nennt.
Wer damals ein Buch hatte, schützte sich glücklich; nur reiche Leute konnten
sich eine kleine Büchersammlung anschaffen, und die ganze Bibliothek des Kai¬
sers Karl IV. bestand aus 114 Bünden.
Einen Schritt zur Erfindung der Buchdruckerkunst machte man durch die
Verfertigung der Spielkarten. Diese einzeln zu machen und auszumalen,
hätte entsetzlich aufgehalten. Man nahm also ein Bretchen von Holz, schnitt
die Figuren so aus, daß sie hervorstanden, bestrich sie mit Farbe und druckte
fie nun so oft ab wie man wollte. Da dies gelang, verfertigten die Mönche
auch ähnliche Holzschnitte zu Heiligenbildern, und druckten sie auf Pergament
oder ganz dünne Hornblättchen ab. Auch fing man nun schon an, sich des
Lumpenpapiers zu bedienen, welches weit wohlfeiler war, als das Pergament.
Erst kam man in den Niederlanden darauf, ganze Bücher in solche Holzplat¬
ten zu schneiden. Man schnitt alle Wörter einer jeden Seite in Holz ein und
druckte nun eine solche Platte so oft ab, wie man wollte. Aber das hatte
die Unbequemlichkeit, daß man eben so viele Platten haben mußte, wie das
Buch Seiten hatte. Welch eine Arbeit! Daher konnte man diesen Druck nur
bei kleinen Büchern anwenden. Und war das Buch nun so abgedruckt, so
waren die Platten nichts mehr nütze. Auch geriethen die in Holz geschnitte¬
nen Buchstaben sehr schlecht und sahen grob und unregelmäßig aus. Auf diese
Art druckte man nichts als kleine GebetbMer, die stark gekauft wurden.
Da machte i. I. 1440 ein kluger Kops die Erfindung, mit beweglichen
Buchstaben zu drucken. Es war Johann Guttenberg, aus Mainz gebürtig.
— Dieser war nach Straßburg gegangen und beschäftigte sich mit Steinschlei-
len, Spiegelmachen und andern Künsten, und kam dabei auch auf einen sehr
glücklichen Gedanken. Er dachte: „Es ist doch Schade, daß man die hölzernen
Platten, mit denen man druckt, nicht weiter gebrauchen kann, wenn das Buch
abgedruckt ist. Wäre es denn nicht möglich, einzelne Buchstaben auszuschnei¬
den, sie zusammenzusetzen zu Wörtern und Zeilen, fie abzudrucken und dann
wieder aus einander zu nehmen, um sie zu anderen Büchern wieder zu ge¬
brauchen?"^ Gesagt, gethan! Er fing gleich an zu schnitzen, sägte seine Holz¬
tafeln auseinander, band bie einzelnen Buchstaben zusammen, und seine ersten
Versuche gelangen; aber mit dem Abdrucken wollte es nicht gelingen. Er
machte neue Versuche; aber es wollte immer nicht gehen. Dabei versäumte
er seine Brodarbeit, gerierh in Schulden und ging 1450 nach Mainz zurück,
um in seiner Vaterstadt sein Glück weiter zu versuchen. Da lernte er einen
rerchen Bürger kennen, Johann Faust oder Fust, diesem theilte er seine
Pläne mit und meinte, wenn er ihn nur mit Geld unterstützen wollte, so
würde _ die Sache schon gelingen. Fust, ein Rechtsgelehrter, war ein kluger,
aber eigennütziger Mensch. Er erkannte bald, daß mit Guttenberg etwas an¬
zufangen sei , trat mit ihm in Verbindung, schoß ihm zweimal Geld vor und
setzte ihm einen guten Gehalt aus, wofür aber Guttenberg alle Arbeit allein
übernehmen und das ganze Arbeitszeug ihm verpfänden mußte. Wie freute
stch Guttenberg über die gefundene Unterstützung! Rasch ging er nun an die