Full text: Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule

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mußte der Papst selbst das Werkzeug zu der bevorstehenden großen Verände¬ 
rung werden. Denn in dem Ablaßhandel, wie er unter Leo X. getrieben 
ward, erreichte die Anmaßung Roms ihren höchsten Gipfel; von diesem konnte 
es nur wieder abwärts gehen. Da stand unser Luther auf! 
14. Der Reformator vr. Martin Luther. 
Er wurde nach Gottes Absicht und wider- der Menschen Gedanken das 
Werkzeug der Reformation. Am 10. Novbr. 1483 wurde er zu Eisleben ge¬ 
boren, am 11. getauft und nach dem Heiligen dieses Tages Martin ge¬ 
nannt. Sein Vater, Hans Luther, war ein Bergmann aus dem Dorfe Möhra 
lim jetzigen Herzogth. Meiningen) u. seine Mutter Margaretha, eine geborene 
Lindemann, aus Neustadt a. d. fränkischen Saale*). Im folgenden Jahre zog 
Hans Luther nach Mansfeld, wo er später Mitglied des Stadtrathes wurde. 
Er war ein Freund der Gottesfurcht und der Wissenschaft, erzog feinen 
Sohn sehr streng und hielt ihn ernstlich zur Frömmigkeit an. Schon früh 
brachte er ihn in die Schule zu Mansfeld und, als derselbe 14 Jahre alt 
war, in die lateinische Schule zu Magdeburg; 1498 aber, weil er daselbst 
keine Unterstützung fand, nach Eisenach. Dort konnte er anfangs als Current¬ 
schüler ebenfalls nur kümmerlich fein Brod verdienen, bis eine wohlthätige 
Frau, Namens Cotta, eine bemittelte Verwandtin seiner Mutter, die durch 
seinen guten Gesang und sein anständiges Verhalten beim Singen gerührt 
worden war,, ihn in ihr Haus aufnahm. Von jetzt an war es ihm möglich, 
frei von Nahrungssorgen dem Studiren obzuliegen. Wohl vorbereitet, bezog v 
er 1501, in seinem 18. Jahre, die Universität zu Erfurt, um nach feines Va¬ 
ters Wunsche ein Rechtsgelehrter zu werden. 1505 wurde er Magister und 
hielt nun Vorlesungen. Um diese Zeit entdeckte er auf der Universitäts¬ 
bibliothek eine lateinische Bibel u. sah mit nicht geringer Freude, dah sie mehr 
als die Evangelien u. Episteln enthielt. Durch diese nähere Bekanntschaft mit 
der Bibel wurde er der Theologie geneigt. Dieser Umstand, sowie der, daß 
er und sein Freund Alexius, als sie im Spätherbste d. I. 1504 auf einem 
Spaziergange vom Blitze betäubt wurden, und daß Alexius nach einiger Zeit 
durch Meuchelmord oder im Duell sein Leben verloren hatte — bestimmten 
ihn, sich dem Mönchsstande zu widmen. Gegen den väterlichen Willen ging 
er am 22. Juli 1505 ins Augustinerkloster zu Erfurt. Hier unterwarf er 
sich allen Büßungen und den niedrigsten Diensten, die man von ihm forderte. 
Er ließ sich gefallen, mit dem Bettelsacke durch die Stadt zu laufen und von 
den Bürgern Brod, Eier, Fische, Fleisch und Geld einzusammeln u. a. m. 
Der Aufseher über die Aubustinerklöster in Deutschland, Or. Johann von 
Staupitz, befreite ihn von dresen Anforderungen und munterte ihn zur Fort¬ 
setzung feiner theologischen Studien auf. Er erhrelt 1507 die Priesterweihe 
und 1508 durch Staupitz den Ruf als Professor der Philosophie an der im 
Jahre 1502 vom Kurfürsten Friedrich dem Weisen zu Wittenberg gestifteten 
Universität. Hier sammelte er sich bald zahlreiche Schüler und Anhänger um 
seinen Lehrstuhl. Eine Reise, die er 1510 in Angelegenheiten seines Ordens 
nach Rom an den Hof des Papstes Julius II. unternahm, enthüllte das 
Ärgerniß der Irreligiosität und Sittenlosigkeit der römischen Geistlichkeit vor 
seinen Augen und befreite ihn von der gewohnten Scheu vor der päpstlichen 
Heiligkeit. Luther sagte nachher oft: Er wolle nicht tausend Gulden nehmen, 
daß er Rom nicht sollte gesehen haben. 
Nach seiner Zurückkunft wurde er i. I. 1512 zum Doctor der Theologie 
erhoben und lag von nun an seinem Lehramte mit verdoppeltem Eifer ob. 
Ueberdies erlangte er in Wittenberg auch- großen Ruhm als Prediger und 
*) Der Vater starb den 29. Mai 1530 und die Mutter den 30. Juni 1531. 
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