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ten daher ihren Sohn auch vorzüglich zum Ar¬
beiten an, und kaum war er aus der Schule
entlassen, so mußte er ihnen schon mit seinen
geringen Kragten das Brod verdienen helfen.
Der Vater starb frühzeitig; die Mutter fing an
zu kränkeln, und nach und nach ihre Kräfte zu
verlieren.
Sie sollte nun aus der Almosen-Casse der
Stadt eine Unterstützung erhalten; aber ihr bra¬
ver Sohn gab dieß nicht zu. „Nein!" sagte er,
„so lang ich gesund bin, lasse ich mir die Ehre
und die Freude nicht nehmen, meine liebste Mut¬
ter zu versorgen; denn es ist meine Schuldigkeit."
Gottfried war Tag und Nacht bemüht,
und wo es recht schwere Arbeit gab, bey wel¬
cher sich etwas verdienen ließ, da war gewiß er
dabey. Hatte er die gewöhnliche Tagesarbeit
vollbracht, und kam er nach Hause; so that er
in der Nachbarschaft noch dieß und daö, um ei¬
nige Groschen zu verdienen, mit denen er das
Alter der immer schwacher werdenden Mutter er¬
leichtern konnte. Bekam er bisweilen in den
Hausern, in welchen er arbeitete, Suppe, Fleisch
u. dgl. zu essen; so bath er um Erlaubniß, es
seiner Mutter heimtragen zu dürfen.
„Sohn! lieber Sohn!" sagte die Mutter
oft zu ihm, „du thust sehr viel an mir, Gott
segne dich!"— „Ach! Mutter," antwortete
er dann, „schweiget doch still davon! Ich bin