Franz von Sickings» 1523. 223
griffen der Fürstengewalt sicher gestellt. Auch der ewige Landfriede war
nur geboten, nie beachtet worden und so blieb eine Unzufriedenheit mit
der Reichsverfassung besonders unter den niederen Ständen, die sich mit
dem Mißvergnügen über die Zustände in der Kirche vielfach berührte.
Als uuu das letztere in dem Auftreten Luthers und Zwinglis zum Aus-
druck gekommen war, machte sich bald auch die politische Unzufriedenheit
Luft, indem zwei Stände nacheinander auf eigene Faust eine Umbildung
der Reichsverfassung versuchten. Es waren dies der niedere Adel und
die Bauernschaft
Das Rittertum hatte in der letzten Zeit fortwährend Abbruch er-
litten. Die Feuerwaffen hatten es im Krieg entbehrlich gemacht, und
mit seiner militärischen sank auch seine soziale Stellung. Dabei strebte
die in sich gefestigte Fürstengewalt schon seit der Mitte des 14. Jahr¬
hunderts darnach, die Reichsritterschaft >) (soweit deren Besitzungen zur
Abrundung eines fürstlichen Territoriums günstig lagen) sich zu unter-
werfen. Diese von den Fürsten drohende Gefahr hatte schon zur Zeit
Karls IV. Ritterbündnisse und ständische Fehden hervorgerufen. Nun
kam es unter Karl V. zum letzten derartigen Krieg. Der mächtigste
Reichsritter dieser Zeit war Franz von Sickingen. Seine Besitzungen
lagen in der heutigen Rheinpfalz, wo die Ruinen seiner Burgen Land-
stuhl und Ebernburg noch zu sehen sind. Durch persönliche Tüchtigkeit
und bedeutenden Besitz hervorragend, hatte er eifrig für die Wahl Karls V.
gewirkt und 1521 diesem gegen Frankreich Kriegsdienste geleistet. Nach
Deutschland zurückgekehrt, hielt er 1522 eine Versammlung der schwäbischen
und rheinischen Reichsritterschaft zu Landau ab, wo man Maßregeln über
eine Reform des Reiches beriet und Sickingen zum Bundeshaupt wählte. 1(mMu lj~2'
Durch seinen Freund Ulrich von Hutten für Lnther gewonnen, beschloß
nun Sickingen durch eine Erhebung der Ritterschaft zugleich eine religiöse
und politische Reform im Reich durchzuführen, bei welcher besonders die
Fürstengewalt eingeschränkt werden sollte, und griff zunächst einen geist¬
lichen Fürsten, den Erzbischos von Trier, an. Mit einem starken, aus Zugriff auf
Landsknechten bestehenden und mit Geschützen versehenen Heere rückte er Xrter-
1523 gegen dessen Hauptstadt, konnte sie aber nicht nehmen. Nun ver¬
band sich der Erzbischos mit dem Pfalzgrafen bei Rhein und dem Land-
grafen von Hessen. Die drei Fürsten schlössen Sickingen ans seiner Burg S'ckingen in
Landstuhl ein. Als dieser eines Tages durch eine Schießscharte ^ie jaaert + 1523
Stellungen seiner Gegner beobachtete, fiel von feindlicher Seite ein Schuß, 1
durch dessen Wirknng Sickingen auf spitz zugehauene, für Palissaden be-
stimmte Hölzer geschleudert wurde, deren eines ihm die eine Seite des
Leibes aufschlitzte. Er übergab darauf die Burg und starb im Angesichte
der feindlichen Fürsten ungebrochenen Geistes. — In den Sturz seines
Freundes ward auch Ulrich von Hutten verflochten. Dieser, einem alt- Hutten,
fränkischen Rittergeschlecht aus der Fuldaer Gegend entsprossen, war von
seiner Familie für den geistlichen Stand bestimmt worden. Aber sein
thatenlnstiger Geist trieb ihn (int Alter von 16 Jahren) aus der Kloster-
*) Es gab Reichsritter, d. h. reichsunmittelbare, nur dem Kaiser und Reich
unterstehende und landsässige, d. h. einem Landesherrn unterstellte Ritter. Vgl. Reichs-
stadt und landsässige Stadt.
Reichsritter-
schast.
Sickingen.
Rittertag zu