Full text: Neues Lesebuch für Schleswig-Holstein-Lauenburgische Volksschulen

und dcn Fürsten, geistliche Aemter zu besetzen; den Geistlichen wurde 
daS Hcira then untersagt; dem Volke wurde die Bibel entzo - 
gen; B c s ch l ü s se d e r K i r ch c n v c r sa in m l u n g c n, mündliche Ueber¬ 
lieferungen a u S den ersten Zeiten des Christenthums, Aus- 
sprüche der Kir ch enlehrer und vor allen Entscheidungen dcS 
Papstes selbst wurden dem orte Gottes in der heiligen 
Schrift gleich gestellt. So durften die Päpste zuletzt es wagen, sich 
Statthalter Christi auf Erden zu nennen, ihre Aussprüche, alö 
vom heiligen Geiste eingegeben, für untrüglich zu erklären, 
und selbst den Kaisern Trotz zu bieten. Gregor VII., ein Papst, welcher vor¬ 
züglich zur Vergrößerung päpstlicher Gewalt beitrug, sprach gegen einen mäch¬ 
tigen Kaiser das Wort aus: „Alle weltliche Macht muß der geistlichen Unter¬ 
than sein. Die Welt wird durch zwei Lichter regiert, die E>o»ne, das grö¬ 
ßere, und den Mond, das kleinere. So ist nun die päpstliche Macht, wie die 
Sonne, die königliche Macht, wie der Mond; denn wie dieser sein Licht von 
jener hat, so sind Kaiser, Könige und Fürsten nur durch den Papst." Und 
der Kaiser Heinrich der IV. mußte die Wahrheit dieses Wortes anerkennen. 
Es war also durch einen sonderbaren Wechsel der Dinge dahin gekommen, 
daß, wie früher keine Papstwahl galt, ohne den Kaiser, jetzt 
die Wahl eines Kaisers ungültig war, wenn der Papst sie 
nicht bestätigte. 
Klahomcd. 
Während ans diese Art das Christenthum durch Irrthümer und Miss¬ 
brauche immer mehr in Verfall gerieth, entstund in 'Arabien die maho- 
incdnnischo Religion. In diesem Kunde wohnten Menschen von jeder 
Rellgions Verfassung. Die Mehrzahl der Einwohner-stammte Jedoch wahr¬ 
scheinlich von Ismael, einem Sohne Abrahams ah. Unter diesen halte 
sich der (Rauhe an Einen Gott zwar erhalten, aber jeder verehrte den¬ 
selben , wie es ihm gut dünkte. Ausser den Ismaclilcu wohnten aber 
im Kunde auch noch Juden, Heiden und seihst einige Christen. — Das 
Volk war roh, abergläubig und kriegerisch, dabei aber gastfrei und gut¬ 
müthig. 
Mahomed wurde im Jahre 50*.) geboren. Sein Vater starb zwei Jahre 
nach seiner Geburt, und hinterliess ihm nichts, als 5 Kameele und einen 
Sclaven. Da auch seine Mutter sehr früh starb, so nahm ihn erst sein 
Grösst ater, und nach dem Tode desselben sein Onkel zu sich. Schon 
in seinem Ulten Jahre machte der kleine Mahomed mit diesem mehre 
Reisen nach Syrien, auf welchen er sich sehr ausbildete. Schon da¬ 
mals scheint er den Plan gefasst zu haben, unter seinem Volke den 
allgemein herrschenden Götzendienst abzuschaffen, und der Stifter einer 
neuen Religion zu werden. — Mahomed war ein schön gewachsener 
Mann, von kraftvoller Gesundheit, einschmeichelnder Beredsamkeit, hoher 
Klugheit und kühnem Muth. Seine Verwandten bestimmten ihn für die 
Handlung. Kr kam deshalb als Kaufmannsdiencr zu einer reichen Wittwe, 
die er im 28ste» Jahre seines Lebens heirathctc. Zwölf Jahre setzte er 
»och das Geschäft fort und zog sich dann in die Einsamkeit zurück. 
Hier sann er nach über den grossen Entwurf, Stifter eines neuen Glau¬ 
bens zu werden. Zwar hatte er die christliche Religion auf seinen Rei¬ 
sen kennen gelernt, aber in ihrer damaligen Gestalt konnte sic ihm un¬ 
möglich gefallen. Auch wäre die einfache Christuslchrc keine Religion 
für die sinnlichen und wollüstigen Araber gewesen. — Anfangs entdeckte 
er sich nur seiner Frau, dann aber auch andern Verwandten. Er gab 
vor, der Engel Gabriel sei ihm erschienen, und habe ihm offenbaret,
	        
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