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aufzugraben und auf einem Scheiterhaufen zu verbrennen. Mehre Jahre
nachher wurde dieser Befehl vollführt.
Merkwürdiger und bekannter noch durch seine Lehren und Schicksale, als
Wiklef, ist Johann Hust. Er war in Böhmen von leibeigenen Eltern ge¬
boren. Der Gutsherr feines Geburtsdorfes nahn: sich feiner an und liest ihn
studiren. Seine Anlagen und fein Fleifi waren so grofi, daß er schon in sei¬
nem 27. Jahre als Lehrer (Professor) und Prediger an der nicht lange vor¬
her gestifteten Universität zu Prag abgestellt wurde. Er wies seine Schüler
immer bei allen seinen Vorträgen auf die Bibel hin, und daher konnte eS
nicht fehlen, daß er oft mit den Lehren deö Papstes in Widerspruch kam. An¬
fangs kannte Hust die Schriften WiklefS nicht, und wollte sie nicht kennen ler¬
nen, weil er dieselben für ketzerisch hielt, zuletzt aber las er sie doch, und wurde
nun nicht wenig überrascht, dieselben mit seiner eigenen Ueberzeugung so über¬
einstimmend zu finden.— Seine Lehren fingen indeß an Aufsehen zu erregen;
er wurde von dem Bischöfe zu Prag bei dem Papste verklagt, der ihn nach
Nom fordern liest. Der darnalige König von Böhmen verhinderte den Voll¬
zug dieses Befehls; eS kamen päpstliche Abgesandte nach Prag. Johann Hust
wurde verhört und in den Bann gethan. Endlich wurde sogar über Prag
seinclwegen ein Interdikt ausgesprochen. 91»» verliest er die Stadt und kehrte
nach seinem Geburtsorte zurück, wo er, unter dem Schutze des Gutsherrn,
fortgesetzt dieselben Grundsätze vortrug, um welcher willen er verbannt worden
war, und wo jedermann ihn lieb hatte wegen seiner Redlichkeit, und sanften
Freundlichkeit.
Bald darauf wurde in Kostnitz eine große Kirchciiversammluirg znsammen >
berufen, vor welche auch Hust gefordert ward, um seine Lehren zu vertheidi¬
gen. Der Kaiser gab ihm Sicherheitsbriefe, und auch der Papst gab ihm die
Versicherung, daß ihm nichts Böses widerfahren solle. Sv kam Hust voll
Vertrauen in Kostnitz an. Er wurde sogleich vorgeladen,, vertheidigte seine Be¬
hauptungen, und bewies die Wahrheit derselben auö der Bibel. Dennoch wurde
er für einen Ketzer erklärt, und in ein feuchtes, höchst ungesundes Gefängnis!
gelegt. Alö Hust sich auf die Sicherhcitöbriefc des Kaisers und die Ver¬
sprechungen des Papstes berief, gab man zur Antwort: „Einem Ketzer
brauche ma » nicht Wort zu halten." Bis zum folgenden Jahre mußte
der arme Mann in feinem Kerker schmachten, dann zog man ihn heraus und
nahm ihn abermals ins Verhör. Die Hanptverbrechcn, deren man ihn be¬
schuldigte, waren: Er habe sich dem vorigen Papste widersetzt, als dieser zum
Kreuzzuge gegen den König von Neapel aufforderte; er Habe-Wikless Schris-
tcn vertheidigt; er habe noch nach dem Banne Messe gelesen; er habe gesagt,
wenn ihn auch der Papst verdamme, so berufe er sich auf den Nichtcrspruch
Christi; er habe verächtlich von der Kirchenversammlung gesprochen; er habe
die Ohrcnbcichte getadelt u. s. w. Johann Hust widerlegte diese Beschuldigun¬
gen , wollte sich aber zu einem Widerruf seiner Lehren nicht anders verstehen,
als wenn man ihn aus der heiligen Schrift des Irrthums überführe. Da
ward er am (5. Juli 1415 zum Fcnertode verdammt. Es wurde ihm die Prie-
sterkleirung ausgezogen, eine papierne, mit Teufeln bemalte Mütze aufgesetzt,
und seine Seele dem Teufel übergeben. Johann Hust aber antwortete: „Und
ich übergebe sie in 1kl rin es himmlischen Baterö Hände." — So
ward er auf den Nichtplatz geführt, und an einen Pfahl gebunden. 9iu»
wurde der Scheiterhaufen angezündet. Ruhig und selbst freudig stand er da
unter den lodernden Flammen. Alle Umstehenden waren gerührt. Nach einem
kurzen Gebet verschied er. — Im folgenden Jahre starb auf derselben Stelle
und aus dieselbe Art Hussens Freund und Schüler/Hieronymus von Prag
9tach rem Tode deS Johann Hust kam noch zu seinen Lehren der Zusatz
hinzu: man dürfe den Leuten den Kelch beim Ab end mahle nicht