Full text: Deutschland, Italien, Griechenland, (die europäische Türkei, das Königreich Griechenland) und die Ionischen Inseln (Theil 2)

Vlil. Italien. 
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gemeiner Unwissenheit fanden diese anfänglich behutsam vorgetra¬ 
genen Lehren unbedingten Glauben. Nach und nach maßten sich 
die Papste eben die Oberlehnsherrlichkeit über die Bischöfe und Erz¬ 
bischöfe an, wie die Könige sie über ihre Vasallen übten, und um 
die Geistlichkeit gänzlich an das Interesse des römischen Stuhls zu 
knüpfen, ward im 10ten und Uten Jahrhundert immer strenger 
auf die Ehelosigkeit der Priester gehalten. Dabei wußten die Papste 
mit großem Geschick auch ihre weltliche Vergrößerung zu betreiben. 
Die Schenkungen Pipins und Carls des Großen legten den Grund 
zum Länderbesitz der Päpste, welcher durch andre Schenkungen, 
durch Erbschaft und andre Mittel nach und nach §u einer sehr be¬ 
deutenden Größe anwuchs. Dabei waren die Papste zwar lange 
Zeit, eben wegen des Länderbesitzes, von den Kaisern abhängig; 
nicht allein Carl d. Gr., noch viele seiner Nachfolger, vorzüglich 
die kräftigen Otkonen, noch Heinrich IIJ. ernannten die Päpste, 
oder litten wenigstens nicht, daß die Wahl von den Baronen und 
der Geistlichkeit des römischen Gebiets ausgehend, ohne ihre Ge¬ 
nehmigung und Bestätigung geschehe, wie sie denn auch nicht selten 
unwürdige Päpste absetzten. Als aber die vielen kleinen Staaten 
Ober-Italiens eine stützende Vormauer Roms gegen die Macht 
der deutschen Kaiser bildeten, gelang es den Päpsten, sich immer 
unabhängiger zu machen, so daß Nikolaus li. 1059 schon festsetzen 
konnte, die Papstwahl solle hinfüro nicht mehr von den Baronen 
und dem Volke, sondern von den 28 Stadtpfarrern Roms und den 
7 Bischöfen des römischen Gebiets, welche Cardinäle genannt wur¬ 
den, vollzogen werden. Die mächtigen Normänner schützten ihn 
gegen den Widerspruch der Barone. Nun erst gelangten die Päpste 
zur weltlichen Herrschaft über die Stadt Rom, welche sie bis dahin 
mit den Kaisern wenigstens hatten theilen müssen. Jeder Schritt 
vorwärts brachte bleibenden, unveräußerlichen Gewinn, jeder etwa 
übereilte und zurückgewiesene Schritt brachte wenigstens keinen 
Schaden, weil die wachsende Ehrfurcht vor dem geheiligten Ober¬ 
haupt der Kirche keine allzustrenge Ahndung gestattete. So brach¬ 
ten es die Päpste dahin, daß im 12ten Jahrhundert, nach langem 
und hartnäckigem Kampfe mit den Kaisern, ihr HöheresAnsehen 
fest begründet schien und das Ansehen der Kaiser, wenigstens in 
Italien, tief herabgewürdigt wurde, und sie ernteten noch obenein 
den Ruhm, daß sie die Beschützer der Freiheit, gegen die Unter¬ 
drückung von Seiten der Kaiser gewesen. Wenn auch in einer 
überall rohen und wilden Zeit, im I0ten Jahrh., eine Reihe un¬ 
glaublich sittenloser Päpste den heiligen Stuhl entweiht hatten, so 
erzeugte dagegen das 1 Ite eine Folge höchst ausgezeichneter, geistig 
und sittlich bedeutender Päpste, denen es nicht schwer ward, ihr 
Ansehen gegen Kaiser und Könige zu behaupten, und die auch un¬ 
leugbar, wenn auch nicht immer, doch zuweilen ihre geistliche 
Macht auf eine heilsame Weise gegen die rohe und gewaltsame Un-
	        
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