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§ 5. Von Mitleiden überwältigt, biegt sich unser F. über den
Flehenden hin und reicht ihm, seine eigene Qual vergessend, die
volle Flasche.
§ 6 Aber in demselben Augenblicke feuert der heimtückische
Schwede, um zum letzten Male seinen Volkshass gegen die Dänen
zu befriedigen, ein Pistol auf den milden Geber ab.
§ 7. Doch Gott, der Herr, ist dessen Schild, der Schuss geht fehl.
§ 8. Ruhig ergriff F. die Flasche, trank sie halb aus und
reichte sie dann dem waffenlos Sterbenden mit den Worten: „Nun
erhältst du nur die Hälfte.“ w. Stern.
80. Lebensworte.
1) Zu dem vollen Rosenbaume
Sprach der nahe Leichenstein:
„Ist es recht, in meinem Raume
Gross zu thun und zu verhüllen
Meiner Sprüche goldnen Schein,
Die allein mit Trost erfüllen?“
2) „Auch aus Grüften “ sogt die Blüthe,
„Ruft mich Gottes Macht und Güte,
Heller noch, denn todte Schriften
Sein Gedächtniss hier zu stiften.
Und ich blühe tröstend fort,
Ein lebendig Gotteswort.“
A. E. Fröhlich.
81. Der Negerknabe ln der Sahara.
An des breiten Niger Wogen
Spielt’ ich sorglos ohne Harm;
Aber plötzlich hergezogen
Kam ein wilder Räuber schwärm.
Flammend sank die Hütte nieder,
Blutend lag der Vater da,
Meine Mutier, meine Brüder
Nimmermehr ich wiedersah. —
Muss die Heerde einsam weiden,
Wo ich fremd gefangen bin;
Langsam zieh'n in gleichen Leiden
Mit mir Tag und Jahre hin.
Trauernd blick' ich nach dem Süden,
Nach der weilen Wüste Rand,
Ach, auf immerdar geschieden
Vom geliebten Vaterland.
Vol kmar.