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Als ich herangewachsen war und in die Welt eintrat, wo ich
Gelegenheit hatte, die Handlungen der Menschen zu beobachten, glaubte
ich mele, ja sogar sehr viele Leute zu bemerken, welche zu viel für
ihre Pfeife gaben.
Sah ich einen Ehrgeizigen ängstlich nach Hofgunst streben und
seme Zeit in Vorzimmern verschwenden, seine Ruhe, seine Freiheit,
seine Tugend und wohl auch seine Freunde opfern, um sie zu erlangen;
so sagte ich zu mir selbst: Der gibt zu viel für seine Pfeife!
Sah ich einen Andern um'Volksgunst buhlen, sich beständig in
politische Händel mischen, seine eigenen Angelegenheiten darüber ver¬
nachlässigen und sich dadurch zu Grunde richten, so sagte ich: Er zahlt
wahrlich zu viel für seine Pfeife:
Wenn ich einen Geizhals traf, der sich jede Art von Bequemlich¬
keit versagte, sich um das Vergnügen, Andern Gutes zu thun, betrog,
die Achtung seiner Mitbürger verscherzte und auf die Genüsse zärtlicher
Freundschaft verzichtete, nur um Schätze aufzuhäufen, so dachte ich:
Armer Mann, du bezahlst in der That zu viel für deine Pfeife!
Fand ich einen Mann des Vergnügens, der jede Geistesfreude,
jede Gelegenheit, sein Vermögen zu mehren, bloß sinnlichen Genüssen
hintansetzte, so sagte ich: Betrogener Mann, du schaffst dir Leiden
statt Lust, du gibst zu viel für deine Pfeife!
Sehe ich einen m schöne Kleider, schönes Hausgeräth und schöne
Equipagen, die all' sein Vermögen übersteigen, vernarrt, dafür Schul¬
den machen und seine Laufbahn im Gefängnisse beschließen, so sage
ich: O weh! der hat seine Pfeife theuer, sehr theuer bezahlt! —
Kurz, wo ich hinsah, bemerkte ich, daß die Menschen sich den
größten Theil ihres Elendes dadurch selbst zuziehen, daß sie den Werth
der Dinge nicht richtig zu schätzen wissen und daß sie zu viel für ihre
Pfeifen bezahlen. Benjamin Franklin.
135. Tobias Witt; Wills.
Wills. Da wollt' ich mir denn zu einer kleinen Speculation
etwas Geld von Ihnen borgen, Herr Witt. Viel wird dabei nicht
herauskommen, das sehe ich vorher; aber es rennt mir so von selbst
in die Hände. Da will ich's doch mitnehmen.
Witt. Und wie viel meint Er denn wohl, lieber Herr Wills,
daß Er braucht? —
Wills. Ach nicht viel! Eine Kleinigkeit! Ein hundert Thäler-
chen etwa. —
Witt. Wenn's nicht mehr ist, die will ich Ihm geben. Recht
gern! — und damit Er sieht, daß ich Ihm gut bin, so will ich Ihm
obendrein noch etwas Anderes geben, das unter Brüdern seine tausend
Reichsthaler werth ist.
Wills. Aber wie, lieber Herr Witt? Obendrein! —
Witt. Es ist Nichts. Es ist ein bloßes Histörchen. — Ich hatte
hier in meiner Jugend einen Weinhändler zum Nachbar, ein gar drol¬
liges Männchen, Herr Grell mit Namen; der hatte sich eine einzige
Redensart angewöhnt, die bracht' ihn zum Thore hinaus.