Full text: Deutsches Lesebuch für Mittelschulen

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III. Geschichtsbilder. 
Aergerniß erregte, steigerte sich die Er¬ 
bitterung der Gläubigen auss höchste. 
Wohl einsehend, daß er sich nicht länger 
mehr halten könne, verzichtete er auf 
seine Würde, da der Erzpriester Jo¬ 
hannes, der als der frömmste und 
tugendhafteste Priester Roms gepriesen 
wird, eine große Summe Geldes bot, 
um fernere Schmach von der Kirche ab¬ 
zuwenden. So bestieg Johannes als 
Gregor VI. den päpstlichen Stuhl. 
Bald aber bereute Benedikt seinen Ver¬ 
zicht und trat wiederholt als Papst auf, 
so daß nun drei Päpste zu gleicher 
Zeit die Leitung der Kirche beanspruch¬ 
ten. Heinrich III. veranlaßte die Synode 
zu Pavia, welche zu Sutri fortgesetzt 
wurde. Der milde Gregor dankte frei¬ 
willig ab, über die beiden andern aber 
wurde die Absetzung ausgesprochen. Rom 
ernannte Heinrich zum Patricius der 
Stadt und legte die Wahl eines neuen 
Papstes in seine Hand. Diese Wahl 
siel auf den frommen, ernsten Bischof 
Suitger von Bamberg, der als Papst 
den Namen Clemens II. führt. Dieser 
krönte am Weihnachtstage 1046 Hein¬ 
rich und dessen Gemahlin mit der Kai¬ 
serkrone und begann vom Kaiser unter¬ 
stützt, die Wiederherstellung der zerrüt¬ 
teten Kirchenzucht; er verbot den Verkauf 
geistlicher Güter, hielt auf Gehorsam 
und Unterordnung und wirkte überhaupt 
segensreich in seinem so schwierigen Amte; 
Heinrich aber kehrte nach Deutschland 
zurück, um auch dort für Wiederher¬ 
stellung der Kirchenzucht ebenso thätig 
zu sein, als für Aufrechthaltung der 
staatlichen und bürgerlichen Ordnung. 
Er verordnete, daß vom Mittwoch nach 
Sonnenuntergang bis zum Montag nach 
Sonnenaufgang, sodann vom Advent 
bis 8 Tage nach dem Feste der Er¬ 
scheinung und ebenso vom Sonntage 
Septuagesima bis 8 Tage nach Ostern 
jede Fehde ruhen müsse. Diese Verord¬ 
nung, erlassen 1043, nannte man den 
„Gottesfrieden". Der Kaiser hielt zu 
Constanz eine so eindringliche Rede, daß 
alle Anwesenden tief ergriffen waren, zu¬ 
mal Heinrich, um ein Beispiel zu eben, 
allen seinen Feinden Verzeihung gelobte. 
Große Unglücksfälle hatten aber auch 
damals die Gemüther der Menschen er¬ 
schüttert. Hunger und Seuchen wüthe¬ 
ten im Reiche furchtbar, daß an man¬ 
chen Gegenden ein Dritttheil der Be¬ 
völkerung hinweg gerafft wurde. 
Wie mächtig aber auch Heinrich da¬ 
stand : gegen das Ende seiner Regierung 
mußte er doch erfahren, daß die Gunst 
des Glückes selten einem Sterblichen 
treu bleibt. Im Osten und Norden be¬ 
drohten Ungarn und Slaven das Reich, 
ini Westen beanspruchte Frankreich Loth¬ 
ringen, ja im Innern selbst, in Kärn- 
then und im Bisthume Regensburg, 
hatte die Empörung gewagt, das Haupt 
zu erheben und nichts Geringeres führte 
man irn Schilde, als einem Anderen 
die deutsche Krone zu verschaffen. Sei¬ 
nen vierjährigen Sohn Konrad entriß 
ihm der Tod. Ernste Gedanken durch¬ 
zogen seine starke Seele. Er konnte es 
sich nicht verhehlen, daß seine Stellung 
eine andere geworden, als zum Anfang 
seiner Regierung, und daß er nach so 
vielen Kraftanstrengungen neue und noch 
bedeutendere aufwenden müsse, nicht 
nur, um die äußeren Feinde im Zaume 
zu halten, sondern noch mehr, um den 
verräterischen Widerstand der Großen 
gegen die einheitliche Reichsgewalt zu 
brechen. Im Verein mit dem Papste 
Victor II., seinem treuen Freunde, wollte 
er in einer Versammlung der weltlichen 
und geistlichen Großen des Reiches zu 
Goslar, wozu auch des Kaisers Feinde 
geladen waren, die Schlichtung und 
Ordnung der Reichsangelegenheiten be¬ 
rathen. Da überraschte ihn der Tod. 
Er war mit seinen Gästen zur Jagd 
geritten. Die Nachricht vom Einfalle sla¬ 
vischer Völkerschaften in Sachsen und von 
der Niederlage eines sächsischen Heeres 
steigerte ein Unwohlsein zur tödtlichen 
Krankheit. Das Nahen des Todes fühlend, 
vergab er allen seinen Feinden und bat 
die um Verzeihung, denen er etwa Un¬ 
recht zugefügt, empfahl seinen sechsjäh¬ 
rigen, schon zu seinem Nachfolger erwähl¬ 
ten Sohn Heinrich dem Papste und den 
Fürsten und starb gottergeben am 5. Ok¬ 
tober 1056 im 39. Jahre seines Lebens. 
Der Dom zu Speier nahm seine irdische 
Hülle auf. Der Papst führte den jungen 
Heinrich IV. von Speier nach Aachen und 
erhob ihn dort auf den Thron.
	        
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