Full text: Deutsches Lesebuch (Theil 2)

125 
bereiten; an dem Tage der Ausnahme selbst ward erst ein 
feierlicher Gottesdienst gehalten; die von dem Priester ein¬ 
gesegneten Waffen des neuen Ritters lagen auf dem Altare, 
lind diese wurden ihm dann nach erfolgtem Ritterschläge, 
den der vornehmste oder der berühmteste der anwesenden Rit¬ 
ter vollzog, nebst dem ritterlichen Schmucke mit angemessenen 
Worten überreicht. Er erhielt alsdann den mit einem Feder¬ 
busch gezierten Helm, den Schild mit seinem Wappen 
versehen, das Ritterschwert, die Lanze, die seidile Schärpe 
und die goldnen Rittersporen. Außerdem ward ihm eine 
vollständige Rüstung angelegt. Der Aufzunehmende mußte 
aber vorher geloben: seine Waffen nie für eine ungerechte 
Sache, sondern immer Zur Ehre Gottes, zum Schutze der 
Unschuld, der Witwen und Waisen, der Frauen zu gebrau¬ 
chen. Der Feierlichkeit folgten dann mancherlei Feste, die 
oft mehrere Wochen dauerten. 
Zu den eigenthümlichen Festlichkeiten des Ritterstandes 
gehörten die Kampfspiele oder Turniere, die von Zeit zu 
Zeit, oft mit großer Pracht, gehalten wurden. Zhr Ursprung 
mag sich auch wohl in Deutschland von Heinrich dem Vogel¬ 
steller herleiten, der durch Waffenübungen die Deutschen im¬ 
mer fertig zum Kampfe halten wollte. Ein Turnier wurde 
gewöhnlich nur von einem Fürsten, oder auch, zur Ehre eines 
Fürsten, von den Bürgern einer Stadt veranstaltet. Oft 
wurde der Tag schon ein Jahr vorher bekannt gemacht, da¬ 
mit sich recht viele Ritter, selbst aus fernen Landern, einfin- 
den konnten. 
Ein solches Turnier erforderte mancherlei Anordnungen 
und Einrichtungen. Es wurde dazu ein großer, freier Platz 
bereitet, und mit Schranken umgeben; hinter demselben be¬ 
fanden sich schön geschmückte Sitze für die dazu eingeladenen 
Zuschauer; die Gries warte! sorgten dafür, daß das her¬ 
andrängende Volk diese nicht überstieg oder zerbrach; die 
Wappenherolde untersuchten die Zeichen der Ritter auf 
ihren Schilden, um danach zu erklären, ob ein Ritter zum 
Turniere zugelassen werden konnte oder nicht, denn oft gaben 
die Ritter sich nicht namentlich zu erkennen; andere Herolde 
unterluchten die Waffen, damit keiner unerlaubte oder gefähr¬ 
liche gebrauchte; Kampfrichter wurden aus den erfahrensten 
Rittern erwählt, um in zweifelhaften Fällen zu entscheiden, 
wer von den Kämpfenden gesiegt habe. War nun der Tag 
des Turniers erschienen, so ritten alle Ritter, paarweise
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.