Full text: Deutsches Lesebuch (Theil 2)

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die Betreibung des Gewerbes, Verhütung des Betrugs und 
Vervollkommnung der Arbeit zum Zweck haben. Es wurde 
bald eingeführt, daß Keiner zur Ausübung eines Gewerbes 
zugelassen werden könne, von dem man nicht wisse, ob er 
es ordentlich erlernt habe. So entstand die Stufe des 
Lehrlings oder 'Burschen, des Gesellen und Mei¬ 
sters, dem Ritterwesen nachgebildet. Jeder Uebergang von 
einer Stufe zur andern geschah mit mancherlei Gebräuchen, 
die in spätern Zeiten in Gelderpressungen und Mißhandlun¬ 
ger ausarteten. Der Meister mußte, als Probe seiner 
Geschicklichkeit eine ihm von andern Meistern aufgege¬ 
bene Arbeit, das Meisterstück, vorher verfertigen, 
ehe er als Meister auftreten konnte. Außer mit dem 
Gewerbe beschäftigten sich die Bürger mit dem Handel. 
Derselbe blühte besonders zu den Zeiten der Kreuz- 
züge, weil man durch die Schiffe, welche Kreuzfahrer an 
die Küste Asiens gebracht hatten, Gelegenheit fand, kostbare 
Waaren nach Europa zurückzuführen. Während die Ritter 
mit den Türken kämpften, standen die Kaufleute beider Völ¬ 
ker in einem lebhaften und friedlichen Verkehr, Zunächst 
hatten besonders einige Städte in Italien: Venedig, Genua, 
Pisa, Florenz, Mailand Vortheil von diesem Handel, dann 
aber auch die Städte in Deutschland: Augsburg, Nürnberg, 
Negensburg, Straßburg, WormS u. d. m. Durch Gewerbe 
und Handel erlangten die Bürger Reichthum und Macht. 
Lustbarkeiten aller Art sielen in den Städten vor, und 
wollten die Adligen, ja selbst Fürsten und Herrn sich ein 
Vergnügen machen, so zogen sie in die Städte wo Ueber- 
fluß an allen, zum damaligen Lebensgenuß nothwendigen, 
Dingen war. Theils um ihren Handel gegen die Angriffe 
der Raubritter und die Bedrückung einzelner Fürsten zu 
schützen, theils um ihn noch mehr auszubreften, schlossen 
die Städte Bündnisse unter einander. Der berühm¬ 
teste Bund dieser Art war der Han sab und, zuerst aus¬ 
gegangen von den Städten Lübeck und Hamburg, im Jahre 
1241, zu den oben angegebenen Zwecken. Dieser Bund, 
zu dem die vorzüglichsten Städte des nördlichen Deutsch¬ 
lands gehörten, errang eine so bedeutende Macht, daß er 
im Stande war mit Königen Krieg zu führen, und sich da¬ 
durch Handelsfreiheit und Handelsvortheil zu verschaffen. 
In seinem blühendsten Zustande gehörten über achtzig Städte 
zu ihm, welche in mehrere Quartiere eingetheilt waren.
	        
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