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Lübeck blieb aber der gemeinschaftliche Versammlungsort der
Abgeordneten aller Städte, die sich daselbst von Zeit zt! Zeit
zu einem Hansatag versammelten, um sich über allgemein wich¬
tige Gegenstände zu besprechen, und daher ward Lübeck als
das Haupt des Bundes angesehen.
13.
Rudolph von Habsburg.
Nach dem Fall der Hohenstaufen konnten die deutschen
Fürsten über die Wahl einen neues Kaisers nicht einig werden.
Sie hörten daher auf die Antrage ausländischer Fürsten,
und erwählten nach einander drei derselben, Wilhelm von
Holland, Alphons von Castilien und Richard von Corn¬
wall zu ihrem Oberhaupte, aber der Erste besaß nicht das
geringste Ansehn; der zweite ist nie nach Deutschland gekom¬
men, und der Dritte verweilte nur eine kurze Zeit daselbst.
Man kann daher mit Recht sagen, daß Deutschland in dieser
Zeit gar kein Oberhaupt besaß; natürlich verfiel nun auch das
Ansehn der Gesetze, jeder that, was ihm beliebte, wenn er
die Macht dazu besaß; überall führten Ritter gegen Ritter,
der Adel gegen die Städte, und diese gegen den Adel, Feh¬
den; ungescheut überfielen die Ratibritter die reisenden Kauf¬
leute; an den großem Flüssen, namentlich an der Donau
und dem Rhein, wie an den befiichtesten Landstraßen, reih¬
ten sich zu diesem Zwecke erbaute Burgen an einander,
und zu keiner Zeit herrschte das sogenannte Faustrecht
ungebändigter.
Diese immer weiter einreißenden Unordnungen, und
der damit verbundene Verfall Deutschlands, veranlaßte die
Fürsten, sich im Jahre 1172 zu versammeln, um wieder
einen Kaiser aus ihrer Mitte zu erwählen. Die Wahl fiel
auf den Grafen Rudolph von Habsburg, dessen meisten
Güter in der Schweiz lagen. Er war wegen seiner Recht¬
lichkeit allgemein geachtet, und obgleich er nicht arm genannt
werden konnte, so besaß er doch nicht solche Ueberlegenheit,
daß die Fürsten fürchten müßten, sie würden durch ihn be¬