Full text: Das Lesebuch für Schul- und Hausunterricht

andern, der auf einen festen Körper — auf eine glatte 
Felsenwand zum Beispiel, fiel, und bemerkte, wie die 
Umrisse des Schattens und der Mensch sich einander 
ähnlich sahen. Er fiel darauf, Farben zu nehmen, und 
den Umriß zu bemalen — denn der Gebrauch der Far¬ 
ben, und die Gewohnheit sich damit zu bemalen, ist so¬ 
wohl uralt, alö sehr gemein. So stand vielleicht das 
erste Bild von einem Menschen zum Erstaunen aller, 
etwas ähnlich seinem Urbilde, da, und es war der Anfang 
einer Kunst gemacht, die durch Zeit, Zufall und Kopf 
zuletzt auf einen außerordentlichen Grad von Vollkom¬ 
menheit gestiegen ist. 
Auch die ersten Anfänge der Sch re ibekunst waren 
in der That nichts anders als eine Art Malerei, und mit¬ 
hin höchst unvollkommen. Die große Kunst, die ganze 
Sprache in ihre einzelnen Urlaute zu zerlegen, diese als¬ 
dann, jeden Laut einzeln, mit einem einzelnen Zeichen 
oder sogenannten Buchstaben zu bezeichnen, oder mir 
einem Worte, das Hörbare ins Sichtbare zu verwandeln, 
ist gewiß viel später, und es ist sehr ungewiß, ob sie nach 
und nach entstanden, oder ob der Gedanke davon wie ein 
Blitzstrahl au- dem Kopfe eines einzigen Menschen her¬ 
vorbrach, und ob der Phönizier Thaut oder Thor der 
Erfinder derselben gewesen sei. Aber seitdem sie erfunden 
war, war auch ein Riesenschritt zur hoher» Ausbildung 
der Menschheit gethan. Die Sagen, die, indem sie von 
Mund zu Mund gingen. Alles verunstalteten, hörten 
nun auf, und die eigentliche Geschichte und die größere
	        
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