Full text: Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen

109 
Die Stürme, und beflügelt 
Des Schiffes stillen Lauf. 
Heil Jedem, der entronnen 
Dem Meer, das Schiff gewonnen. 
Und nimmer es verläßt; 
Dort darf er nicht mehr zagen. 
Es wird ihn sicher tragen. 
Es schirmt ihn stark und fest! 
Die Arche, die den einen 
Von Gott erkornen Reinen 
Vor Zeiten schützend trug. 
Als jene Flut, verheerend. 
All' Lebendes zerstörend 
Sich um die Erde schlug; 
L>ie war ein schwaches Zei> 
chen. 
Und muß dem Schiffe weichen. 
Das unvergänglich lebt. 
Wenn Alles schon verklungen. 
Und eine Welt verschlungen. 
Noch ruhig oben schwebt. 
Doch in der Zeiten Fülle 
Steht dieses Schiff einst stille. 
Vollendet ist sein Lauf; 
Und Er, der es regierte. 
Nimmt Alle, die es führte. 
In seinen Himmel auf. 
111. Triumph der Religion. 
Es war im Jahre 1812, als die Franzosen und ihre Ver¬ 
bündeten bei der grimmigsten Kälte und im höchsten Elende, 
unter immerwährenden Kämpfen sich aus Rußland zurückzogen. 
Ein deutscher Offizier, der den Feldzug mitgemacht hatte, stand 
in einem Gasthofe zu Warschau am Fenster und betrachtete von 
da aus die Menschen, welche auf der Straße sich rastlos und 
geschäftig hin und her bewegten. Obgleich er selbst wohlbehal¬ 
ten dem Elende entronnen war, so lag doch Mißmuth über 
sein ganzes Innere ausgebreitet. Es lastete auf seiner Seele 
schwer und schwarz, wie eine ausgebrannte Welt, denn erhalte 
ja das unsägliche Elend selbst mit angesehen, in welchem eine 
halbe Million Menschen zu Grunde gegangen war. Doch nicht 
die Schlachten, die geschlagen worden, nicht die Seuchen, nicht 
Hunger, Kälte, Elend und Tod waren es, die sein Herz so 
tief verwundet, sondern die gräßlichen Gestalten entarteter Men¬ 
schen, die ohne Theilnahme für das fremde Leiden den Mit¬ 
bruder hindarben, verschmachten sahen, und, nur auf eigene 
Rettung bedacht, gleich geschreckten Thieren, fort und fort flo¬ 
hen vor dem sie verfolgenden Feind. Das hatte den Glauben 
an die Menschlichkeit der Menschen aus seinem Herzen verbannt, 
und er sah in ihrem Thun und Treiben nichts als ein Haschen 
nach schnödem Vortheil, ein Ringen um eitlen Ruhm, nichts 
als Eigennutz und Hartherzigkeit. Damit hatte er zugleich den
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.