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dreimal des Tages und dreimal bei Nacht in Küche, Keller
und Stallung und allen Winkeln des Hauses unchertragen, so
wird es besser gehen. Bringt mir aber über's Jahr das Käst-
lein wieder zurück."
Die gute Hausfrau setzte in das Kästchen ein großes Ver¬
trauen und trug cs fleißig umher. Als sie den nächsten Tag
in den Keller ging, wollte eben ein Knecht einen Krug Bier
heimlich herauftragen. Als sie noch spät bei Nacht in die Küche
kam, hatten die Mägde sich einen Eierkuchen gebacken. Als
sie die Stallungen durchwanderte, standen die Kühe tief im
Koth, und die Pferde hatten statt des Hafers nur Heu und
waren nicht gestriegelt. So hatte sie alle Tage einen Fehler
abzustellen.
Nachdem das Jahr herum war, ging sie mit dem Kästchen
zum Einsiedler und sagte vergnügt: „Alles geht nun besser.
Laßt mir das Kästchen nur noch ein Jahr; es enthält ein gar
treffliches Mittel."
Da lachte der Einsiedler und sprach: „Das Kästchen kann
ich euch nicht lassen; das Mittel aber, das darin verbor¬
gen ist, sollt ihr haben." — Er öffnete das Kästchen und sieh,
es war nichts darin, als ein weißes Papier, auf dem geschrie¬
ben stand:
Du mußt, soll'ö wohl im Hause stehen.
Auf Sparsamkeit und Ordnung sehen.
34L Der sich spiegelnde Hirsch.
Ein Hirsch bewunderte sein prächtiges Geweih' im Spiegel
einer klaren Quelle. „Wie schön es steht", sprach er, „recht
auf derselben Stelle, wo Königskronen steh'n, — und wie so
stolz, so frei! Vollkommen ist mein ganzer Leib; allein die
Beine sind es nicht, die sollten stärker sein." Indem er sie
besieht mit ernstlichem Gesicht, hört er im nahen Busch ein
Jägerhorn erschallen, schaut auf, sieht eine Jagd von dem Ge¬
birge fallen, erschrickt und eilt davon. Nun aber hilft ihm
nicht sein kronentragend Haupt, dem nahen Tod' entflieh'»,
nicht sein vollkommner Leib: die Füße retten ihn; sie reißen,
wie ein Pfeil, die prächtige Gestalt mit sich durch's weite Feld
und fliehen in den Wald. Dort aber halten ihn im vogeb-