73 Dritter Abschnitt.
„Er will sich einLustgebaude dahin bauen lassen,"
antwortete die Witwe. — Guter Gott, dachte der
Kadr bei sich selbst: er hat so viele Pallasie und Lust-
gcvaude, und auf einen bloßen Einfall, noch eins
mehr zu haben, vertreibt er ein armes Weib aus
ihrem Ergenthume! —
„Und welchen Ersatz gab er dir?" fragte Ven-
bachir. „Ersatz? keinen! " antwortete die Witwe;
„er ließ mir anfänglich eine kleine Summe anbie¬
ten; wie ich aber das mir so theure Grundstück nicht
verkaufen wollte, so nahm er es mir mit Gewalt."
„Hast du ihm deine traurige Lage nicht vorge¬
stellt?" erwiederte der Kadi. — „Ich warf mich
vor ihm nieder," antwortete die Witwe, „benetzte
mit meinen Thränen seine Füße, und bat und flehte
— ich sagte ihm alles, was mir Schmerz, Kum¬
mer und Verzweiflung eingab — Sie konnte vor
Schluchzen nicht fortfahren. — „Und dein Bitten
vermochte nichts über ihn?" fragte Benbachir teil¬
nehmend. — „Er wres mich mit aller möglichen
Härte ab!" antwortete sie weinend. — Benbachir
hob die Augen gen Himmel. Allmächtiger! seufzte
er, Vater der Menschen! Er stellt dich hier auf Er¬
den vor, und kann die von sich weisen, die nichts
verlangen, als was Gerechtigkeit und Billigkeit
heischt; und du übersiehst mit Langmuth und Geduld
die unbilligsten und ungerechtesten Bitten der sterb¬
lichen? — „Weib," sagte er entschlossen nach die¬
ser stillen Pause, „überlaß mir deinen Esel und den
Sack auf eine kurze Zeit und folge mir von ferne.
Ich gelte etwas bei dem Kaliphen — wo ist er
jetzt?" ' •
„Er befindet sich eben jetzt," antwortete die
Witwe, „auf dem Grundstück, welches ich sonst
mein nannte. — Aber, was willst du mit dem
Efel?" — „Sey unbesorgt und folge mir!".—
versetzte der Kadi. — Benbächir nahm den Esel
und suchte den Kaliphen auf. — Der Kaliph be-
willkommte ihn freundlich. „Ich habe dich so lange
nicht gesehen, Benbächir," sagteer zu ihm, „Urtfr
wie kommt es, daß ich eben jetzt dich sehe?"