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Menschen zur Erzeugung des Bildes in der Camera obscura vorgezeichnet hatte.
Dieses geschieht, indem man die Platte in eine Auslösung von schwefelsaurem Natron
in Wasser oder in siedendheiße Kochsalzauflösung eintaucht, indem hier das Jod
seine Verbindung mit dem Silber verlaßt und mit dem Natron sich vereint; dann
wird die Platte in reinem kochenden Wasser abgespült, und das Bild ist fertig. Ost
nimmt man auch steckt des reinen Jods eine Verbindung desselben mit Ehlor, oder
setzt etwas Brom hinzu; oder man hält die fertige Platte einige Augenblicke über
schwaches Chlorwasser, wobei ihre gelbliche Färbung ins Röthliche übergeht.
Es ist in der That merkwürdig, was durch diese einfache Zusammenfügung ei¬
ner Camera odseura mit einer von Jodsilberanflug überkleideten Metallplatte gelei¬
stet werden kann. Der Reisende darf nur, wahrend er im Schatten eines Felsen
oder Baumes ruht, das Bild einer von der Sonne bestrahlten Landschaft einige Se¬
kunden lang in sein Daguerrotyp fallen lassen, oder es nach einem Meisterwerk der
Baukunst älterer oder neuerer Zeit, oder auf alte Inschriften, Hieroglyphen, oder
aus neue Thierarten hinrichten rc., und er erhält ein Bild mit einer Treue, die bis
ins Kleinste geht. Freilich muß der Gegenstand einige Sekunden lang wenigstens
seine Stellung nicht verändern; aber man hat doch auch Bilder, z. B. vom Einzuge
des Kaisers Ferdinand in Linz, wo nicht nur die Gebäude, sondern auch die zu¬
schauenden Menschen mit der größten Schärfe aller Umrisse dargestellt sind, daß
man einen Bekannten darunter wieder erkennen könnte. G. H. v. Schubert.
4. Apollo und Laokoon.
Die Statue des vatikanischen Apollo ist das höchste Ideal der Kunst unter
allen Werken des Alterthums, welche der Zerstörung entgangen sind. Es über¬
trifft alle anderen Bilder desselben so weit wie Homers Apollo denjenigen, welchen
die spätern Dichter malen. Ueber die Menschheit erhaben ist seine Gestalt und
sein Stand zeugt von der ihn erfüllenden Größe. Ein ewiger Frühling, wie in
dem glücklichen Elysium, bekleidet die reizende Männlichkeit vollkommener Jahre
und spielt mit sanfter Zärtlichkeit auf dem stolzen Gebäude seiner Glieder.
Geh mit deinem Geiste in das Reich unkörperlicher Schönheiten und versuche
Schöpfer einer himmlischen Natur zu werden und den Geist mit Bildern, die sich
über die Materie erheben, zu erfüllen. Denn hier ist nichts Sterbliches, noch was
die menschliche Dürftigkeit fordert. Keine Adern und Sehnen erhitzen und erregen
diesen Körper, sondern ein himmlischer Geist, der sich wie ein sanfter Strom er¬
gossen, hat gleichsam die ganze Umschreibung dieser Figur erfüllt. Er hat den
Python, wider welchen er erst seinen Bogen gebraucht, verfolgt und sein mächtiger
Schritt hat ihn erreicht und erlegt. Von der Höhe seiner Genügsamkeit geht sein
erhabener Blick, wie ins Unendliche, weit über seinen Sieg hinaus. Verachtung
sitzt auf seinen Lippen und der Unmuth, welchen er in sich zieht, bläht sich in den
Nüstern seiner Nase und tritt bis in die stolze Stirn hinauf. Aber der Friede,
welcher in einer seligen Stille auf derselben schwebt, bleibt ungestört und sein Auge
ist voll Süßigkeit, wie unter den Musen, die ihn zu umarmen wünschen. In allen
uns übrig gebliebenen Bildern des Vaters der Götter (Zeus), welche die Kunst
verehrt, nähert er sich nicht der Größe, in welcher er sich dem Verstände des gött¬
lichen Dichters offenbarte, wie hier in dem Gesichte des Sohnes, und die einzelnen
Schönheiten der übrigen Götter treten hier, wie bei der Pandora, in Gemeinschaft
zusammen.
Eine Stirn Jupiters, die mit der Göttinn der Weisheit erfüllt ist, und
Augenbrauen, die durch ihr Winken seinen Willen erklären, Augen der Köni¬
ginn der Göttinnen, mit Großheit gewölbt, und ein Mund wie der der Aphrodite.
^Lein reiches Haar spielt wie die zarten und flüssigen Schlingen edler Weinreben,