416
Ein Gott und Muhammed sein Prophet, durch den das Gesetz Mo-
sis und Jesu seine Vollendung erhalten hat," und er hat sich wenig¬
stens das Verdienst erworben, durch sie viele Völkerschaften von dem verderblichen
Götzendienste befreit und zur Erkenntniß des Einen Gottes hingeführt zu haben.
Auch enthält diese Religion in ihren Vorschriften und Anordnungen manches Gute, aus
der mosaischen und christlichen Religion Aufgenommene. Aber seine Glaubenslehre,
die Gott nur als den allmächtigen Herrn und Regenten schildert, konnte keine kind¬
liche Liebe, kein kindliches Vertrauen erwecken, seine Lehre, daß Gott die Seligkeit
wie das äußere Schicksal des Menschen unbedingt von Ewigkeit bestimmt habe,
mußte die eigne Thätigkeit des Menschen ausheben und seine Pstichtenlehre, blos
in Almosengeben unr> äußerm Gebrauche bestehend, die innere Heiligung hindern,
und der Umstand, daß sie von ihm und seinen Nachfolgern mit Gewalt der Waffen
ausgebreitet worden ist und seine Bekenner die Verpflichtung haben, alle Ungläu¬
bigen zu vertilgen, ist ein deutlicher Beweis, daß Muhammed nicht von Gott gesen¬
det war und daß Jesus Christus, der eine Religion der Liebe predigte und öffentlich
erklärte: Mein Reich ist nicht von dieser Welt! weit über ihn erhaben ist.
Abul Casem EbenAbdallah Muhammed (wie sein vollständiger Name
heißt) wurde (570) zu Mekka in Arabien geboren. Sein Vater Abdallah starb
zwei Monate nach seiner Geburt, seine Mutter Amina, als er 6 Jahre alt war,
und das ihm hinterlassene Vermögen bestand in nicht mehr als fünf Kameelen und
einer alten Sklavin. An der Stelle des Großvaters, welcher zwei Jahre darauf
auch starb, übernahm sein Oheim, Abu-Taleb, ein Kaufmann, die Erziehung
des verwaisten Knaben und bestimmte ihn ebenfalls zum Kaufmann. Jneinem
Alter von etwa 13 Jahren begleitete er den Oheim zum ersten Male auf einer grö-
ßern Handelsreise nach Syrien und bald nachher auf einem Kriegszuge. Die Pflege¬
eltern freueten sich des wohlgerathenen Jünglings, und durch körperliche Anmuth
und Schönheit, durch die Gabe siegender Beredsamkeit, durch Schärfe des Verstan¬
des und ein freundliches, würdevolles Betragen zog er nicht nur die allgemeine Auf¬
merksamkeit auf sich, sondern gewann auch in hohem Grade die Achtung und Zu¬
neigung seiner Mitbürger. Von seinem fünfundzwanzigsten Jahre an führte er die
Handelsgeschäfte einer reichen Kaufmanns-Wittwe, Chadidschah, mit solchem
Eifer und solcher Treue, daß sie sich bewogen fühlte, ihm ihre Hand und ihr Ver¬
mögen anzubieten. Auf seinen Handelsreisen mit verschiedenen Religionen bekannt
geworden, faßte er den Entschluß, sein in Götzendienst versunkenes und durch innere
Zwistigkeiten zerrissenes Volk durch eine bessere Religion zu vereinigen und zu
beglücken, und da ihm die Lehre Mosis und Jesu, weil sie damals zum Zank¬
apfel geworden und er nur eine unvollkommene Erkenntniß von derselben
hatte, zu diesem Zwecke nicht genügte, suchte er denselben durch Stiftung
einer ganz neuen zu erreichen. Von seinem vierzigsten Jahre an hielt er sich,
zugleich einem von Natur ihm eigenen Hange zur Einsamkeit und Grübelei fol¬
gend, jährlich eine Zeit lang in einer Höhle am Berge Hara, nicht weit von
Mekka, auf, wo ihm, wie er vorgab, der Engel Gabriel göttliche Offenbarungen
mittheilte. Er kündigte sich zuerst seiner Frau und seiner nächsten Umgebung als
Gottgesandten an, und der junge Ali, der Sohn Abu-Talebs, den er aus
Dankbarkeit zu sich genommen hatte, sein Sklave Zald und Abu-Bekr, ein
Mann, der in Mekka ein hohes obrigkeitliches Amt bekleidete und in großem Ansehen
stand, waren die Ersten, welche an ihn glaubten, und ins Besondere durch das
Beispiel des Letztern mehrte sich bald die Zahl der Gläubigen. Doch fand er auch
heftige Gegner unter dem Stamme der Koreischiten, dem er selbst angehörte, und
er sahe sich genöthigt, nach Medina zu entfliehen, wo seine Lehre bereits viele
Anhänger gefunden hatte. Von hier aus fing er an, mit dem Schwerte zu bekeh-