252 XIII. Einige großartige Bauwerke der Vorzeit.
Cholula stand ehemals ein dem Quetzalcoatl (Gott der Luft) geweihter Altar. Quetzalcoatl
war das Oberhaupt einer religiösen Secte, und führte das Durchbohren der Lippen und
das Tättowiren des Körpers mittelst Aloedornen ein. — Unter den Eingebornen herrscht
eine merkwürdige Sage, worin die Pyramide von Cholula eine Rolle spielt. „Vor der
großen Wasserflut!), welche sich 4000 Jahre nach der Schöpfung der Welt ereignete, war
das Land Anuhuak von Riesen bewohnt, und alle, die nicht umkamen, wurden in Fische
verwandelt, mit Ausnahme von sieben, welche sich in Höhlen verbargen. Als sich das
Wasser verlaufen hatte, kam einer dieser Riesen, Xelhua (Erbauer) genannt, nach Cholula,
wo er einen künstlichen Hügel zur Erinnerung an den Berg Jtaloe, weil er und sechs seiner
Gefährten dort Zuflucht gefunden, erbaute. Dieser Hügel sollte bis in die Wolken geführt
werden, allein die Götter widersetzten sich dem Unternehmen und der Bau blieb unvol¬
lendet."
117) Zu den merkwürdigen ägyptischen Werken der Baukunst gehören auch die
Obelisken, die anfangs wohl nur als Denkmäler, dann als Zierden freier Plätze und
Tempel und später erst als Gnomons, d. h. Werkzeuge zum Messen der Sonnen- oder
Sternhöhe dienten. Den größten Obelisk, den des Ramises, ließ Kaiser Constantin II.
im Circus zu Rom aufstellen; er wurde jedoch im 5. Jahrh, nach Christi Geburt von den
Barbaren umgeworfen und lag in drei Stücken zerbrochen unter dem Schutte vergraben,
bis ihn nebst drei anderen unter dem Papste Sirtus V. im Jahre 1583 Domenico Fon¬
tana aus dem Platze vom Lateran vor der Johanniskirche wieder aufrichtete. Sein Ge¬
wicht beträgt, ohne das Fußgestell, über 13,000 Centner.
In Paris ist auf dem Platze Ludwigs XVI. ein Obelisk aufgerichtet, der aus
Luror stammte, einem Dorfe am Nile, bei den Ruinen des alten Theben gelegen.
(S. 253 giebt die Abbildung' desselben.) Ein Schiff, ausdrücklich für den Transport der
Obelisken bestimmt, segelte im März 1831 von Toulon ab und langte in der Mitte des
Sommers bei Theben an. Die erste Operation der Franzosen gleich nach ihrer Ankunft
bestand darin, daß sie den unteren Theil der Obelisken (es standen dort zwei) von dem
Sande befreiten, in welchem sie bis zu einer beträchtlichen Tiefe begraben waren. Beide
Obelisken waren vollkommen gut erhalten; der größere ist etwa 82 Fuß engl., und der
andere etwa 76 Fuß hoch; doch war der letztere auf eine höhere Basis gestellt, so daß er
dem Auge ebenso hoch erschien, als der erstere. Drei senkrecht verlaufende Hieroglyphen-
Reihen bedecken die Oberflächen beider Obelisken; die mittle Reihe ist ziemlich sechs Zoll
tief in den Stein geschnitten, die anderen dagegen sind äußerst seicht. Das Fußgestell,
welches durch Hinwegschaffung des Sandes enthüllt wurde, ist ebenfalls mit Bildwerk
verziert. Die Franzosen wählten zum Transporte den kleineren, weil er noch besser erhal¬
ten ist, als der größere. Er wiegt 262 Tonnen engl. Man ließ ihn mittels sehr ein¬
facher Mittel — bestehend in einem fest in den Boden gestoßenen Anker, einem langen
Hebebaum und einigen Tauen und Kloben — von seinem Gestell herab, legte ihn in das
Fahrzeug und brachte ihn unversehrt nach Paris. Im Jahre 1836 wurde er auf dem