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den getrieben; jetzt kam die Zeit, da sie lernen sollten, in der Anfechtung sich
zu bewähren. Als die Zahl der Christen sich mehrte, singen die im Orte woh¬
nenden Europäer an, für ihren Mammon besorgt zu werden. Denn sie fürch¬
teten, daß die Heiden einen Aufstand erregen möchten, wenn so viele von ihnen
sich dem neuen Glauben der Christen zuwendeten. Deshalb erhob sich Haß
gegen die Missionare, der um so größer wurde, je mehr die Zahl der Getauften
zunahm. Der Kommandant schrieb böse, verleumderische Briefe nach Kopen¬
hagen und ließ sogar Ziegenbalg als einen gefährlichen Menschen auf eine
Zeit lang ins Gefängniß werfen. Dazu kam allerlei andre Noth und Elend
des Hauses. Oft wußte man nicht, woher das tägliche Brot nehmen. Das
Schiff, welches Hülfe aus Europa bringen sollte, ging unter, und in Indien
war auf Beistand nicht viel zu rechnen. Aber die Missionare hatten beten ge¬
lernt und ließen nicht ab, mit dem Herrn zu ringen, bis er ihnen ausgeholsen
hatte. Dabei wurde ihnen auch manche Erquickung von dem Herrn zu Theil:
Halle nahm sich der jungen Missionare kräftig an und sandte reiche Gaben;
drei neue Sendboten gingen nach Indien, um Last und Lust mit den beiden
älteren zu theilen. Die Engländer brachten Geld zusammen und schenkten
eine Druckerei, so daß das neue Testament, welches Ziegenbalg eben ins In¬
dische übersetzt hatte, in Trankebar selbst gedruckt werden konnte. Durch solche
und ähnliche Erfahrungen stärkte der Herr seine Knechte immer wieder, wenn
sie in Gefahr waren, in der sauren Arbeit ihren Muth sinken zu lassen.
Um die bösen Gerüchte, welche sich in Europa fortwährend hielten, zu
nichte zu machen und neuen Eifer für die Mission zu wecken, entschloß sich
Ziegenbalg, im Jahre 1714 selbst nach Europa zu reisen. Er ging zuerst zu
König Friedrich, um ihm Bericht abzustatten. Von da aus machte er Reisen
in Dänemark, Deutschland, Holland und England und warb überall Freunde
für die Sache der Mission. Nachdem er sich in Merseburg mit einer ehema¬
ligen Schülerin verheirathet hatte, reiste er nach Ostindien zurück und kam im
August 1716 in Trankebar wieder an. Die Freude der Gemeinde war groß,
als sie den geliebten Lehrer wieder hatte. Nun ging es mit neuer Kraft an die
Arbeit. Eine Schule wurde eingerichtet, worin eiugeborne Indier zu Lehrern
ihres Volkes gebildet werden sollten; in Trankebar wurde eine neue Kirche
gebaut, weil die Gemeinde täglich sich mehrte; weit in das Land hinein er¬
scholl die Botschaft des Heils und wurde mit Freuden angehört. Ziegen¬
balgs Arbeit und Gebet brachte sichtlich Frucht. Alle Freunde des Reiches
Gottes bauten die schönsten Hoffnungen auf ihn-da trat der Herr da¬
zwischen und ries den treuen Arbeiter in der Blüthe seiner Jahre aus der
gesegneten Arbeit. Im Sommer 1718 erkrankte Ziegenbalg an einem Magen¬
leiden. Ohne für beständig bettlägerig zu sein, siechte er immer mehr hin.
Am 23. Februar 1719 stand er, wiewohl sehr leidend, auf und hielt seine
Morgenandacht in großer Schwachheit, mußte aber gleich wieder zu Bett
gehen. Bald traten Zeichen des nahen Todes ein. Nach kurzem Kampf
schlief er gegen 11 Uhr Morgens sanft und selig ein, während seine Freunde
um sein Bett standen und beteten.
Des Herrn Wege sind unbegreiflich, seine Gerichte unersorschlich. Der
allmächtige Gott segne unsre Kirche, daß sie viele Boten aussenden könne,
wie der war, mit dem sie ihr Werk unter den Heiden angefangen hat!