Full text: Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin

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um der Ordnung willen da zu sein scheint, wenn man sich scheuen 
muß, aus den Fußboden zu treten oder auf den Stuhl sich zu 
setzen oder ein Ding im Zimmer anzufassen, daun hört für uns die 
Gemüthlichkeit auf. 
Ist schon ganz Holland durch seine Reinlichkeit bekannt, so ist 
das Dorf Broek (spr. Bruhk) dadurch berühmt geworden. Die 
Straßen sind mit roth und blau glasurten Ziegeln gepflastert und 
werden täglich gewaschen und gebürstet. Das Vieh darf nur von 
hinten auf die Höfe treten. Die Hauptthür des Hauses wird nur 
bei Taufen, Hochzeiten und Begräbnissen geöffnet; sonst ist sie be¬ 
ständig verschlossen. Zum täglichen Gebrauch dient eine Seitenthür. 
Wenn Fremde Zutritt haben wollen, müssen sie über ihre Stiefeln 
weiche Überschuhe oder Pantoffeln ziehen, die auf jeder Diele vor- 
räthig sind. Selbst Kaiser Alexander von Rußland mußte sich der 
Sitte fügen, wenn er Einlaß haben wollte. Ein Prediger des 
Orts konnte trotz aller Mühe das Zutrauen seiner Gemeinde nicht 
eher erwerben, als bis er die Kanzel in Pantoffeln bestieg. 
Alle Geräthschaften in den Häusern sind spiegelblank. Der 
Fußboden ist mit Matten bedeckt; die Wände, selbst in beit Kuh- 
ställen , sind mit Porzellanfliesen ausgelegt, Schaufeln, Spaten, 
Dunggabeln, Harken mit Ölfarbe bunt angestrichen, zum Theil 
mit vergoldetem Schnitzwerk versehen. In den Gärten ist jeder 
Strauch mit der Scheere zu einer bestimmten Form verschnitten. 
Die Beete aber sind gar mit Muscheln uub bunten Steinen bedeckt 
und mit einer hölzernen Einfriedigung umgeben, auf welcher statt 
der fehlenden natürlichen — gemalte Blumen zu sehen sind, die 
nicht durch abfallende Blätter und Blüthen den Garten beschmutzen. 
Reinlich ist das alles; aber schön ists nicht, sondern nur seltsam. 
27. Etwas von der Insel Island. 
Hoch oben im Norden, näher an Amerika, als an Europa, liegt die zu 
Dänemark gehörende unwirthliche Insel Island, die aus der Ferne mie 
ein weißes Gewölk aus dem dunklen Meere hervortaucht und erst nach und 
nach sich als ein festes Stück Land mit schneebedeckten Höhen answeist. Sie 
hat ein rauhes Klima und unfreundliches Ansehen. Die Oberfläche ist zer¬ 
rissen, die Höhen sind kahl; vulkanische Verwüstungen sind überall sichtbar. 
Statt der Bäume erblickt man niedriges Birkengestrüpp, statt des Grases, 
außer in den geschützten Thälern, das als Heilmittel bekannte isländische 
Moos. Unter den Vulkanen, deren Island an die dreißig haben mag, ist 
der Hekla der bekannteste, weil er der Küste am nächsten liegt. Stunden 
weit in seinem Umkreise ist nur Asche, Lava und Schutt, aber kein Grashalm, 
kein grüner Strauch zu sehen. Sein letzter großer Ausbruch fand im Jahre 
1766 statt. Eine schwarze, mit feuriger Gluth untermischte Rauchwolke stieg 
aus seinem Schlunde zu einer upermeßlichen Höhe empor und schleuderte 
Asche und glühende Steine in solcher Menge umher, daß auf Meilen weit 
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