Full text: Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin

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die Strassen eng und schmutzig, bei Regenwetter kothig. Ziemlich ru¬ 
hig geht es in denselben her. Die Männer in der Türkei sind wortkarg 
und gehen schweigend ihren Weg. Frauen sieht man weniger öffentlich, 
und die man sieht, sind dicht verschleiert. Denn es gilt bei den Türken 
für unanständig, wenn eine Frau ihr Angesicht sehen lassen wollte. So 
kann es kommen , dass eine ziemliche Anzahl Menschen durch die 
Strassen geht und man doch nichts hört, als das Rauschen und Schlur¬ 
fen der Pantoffeln, die die gewöhnliche Fussbekleidung für Männer und 
Frauen sind. 
Eine grosse Rolle spielen die Hunde in Konstantinopel. Ohne ei¬ 
nem Herrn anzugehören, bilden sie verschiedene Genossenschaften, die 
in verschiedenen Stadttheilen ihren Aufenthalt haben und von dem Ab¬ 
fall leben, der ihnen aus den Häusern zugeworfen wird. Wehe dem 
Hunde, der sich in ein fremdes Gebiet wagt! Arg zugerichtet, kehrt er 
heim, wenn er überhaupt mit dem Lehen davonkommt. Manche Türken 
setzen im Testamente ein Capital aus, dessen Zinsen zur Fütterung der 
Hunde verwandt werden sollen. Ein Fremder ist vor ihnen nicht ganz 
sicher; hat er sich aber ihre Zuneigung durch mehrmalige Fütterung 
erworben, so kann er unbesorgt seines Weges gehen. 
Das Haupthauwerk in der Stadt ist die Residenz des Sultans , der 
S erail, nicht ein einzelnes Gebäude, sondern ein ganzer Stadttheil, der 
mit Mauern umgehen ist und Stunden im Umfange hat. Hier wohnt 
der Sultan mit seinem Hofstaat, Dienern und Beamten, zusammen 
vielleicht 10000 Menschen. Wie es darin aussieht, weiss man nicht; 
denn die Europäer haben dort keinen Zutritt. Die schöne Sophien¬ 
kirche, eine der ältesten in Europa — denn sie ist schon 1300 Jahr 
alt —, ist in eine türkische Moschee umgewandelt worden. Sie ist in 
Kreuzesform erbaut und hat gerade über dem Kreuze eine viel bewun¬ 
derte Kuppel, die auf Granitsäulen ruht und 165 Fuss hoch ist. 
Die Versammlungsörter der Türken sind die Kaffeehäuser. Hier 
können sie mit untergeschlagenen Beinen Stunden lang sitzen und 
schweigend den Possenreissern, Tänzern u. s. w. zusehen, während sie 
unaufhörlich Kaffee schlürfen und die Pfeife mit dem langen, biegsamen 
Schlauche dazu rauchen. Die Frauen gehen täglich in die Bäder, wo 
sie durch Kaffeetrinken und Schwatzen sich für die Einsamkeit des Hauses 
schadlos halten. 
Der einzig gut gebaute Theil von Konstantinopel ist die Vorstadt 
Pera , die fast ganz von Europäern bewohnt und mit den Palästen der 
fremden Gesandten geziert ist. 
3!. Vorder - Indien. 
Das Land. 
Von den Schneebergen des Himalapa erstreckt sich in Gestalt 
eines Dreiecks von 70000 tief in den indischen Ocean hinein 
die Halbinsel Vord er-Jndien, das Land der Schönheit und 
der Fülle, das Ziel der Eroberer und der Sammelplatz der Welt¬ 
schiffer. Ein 6 — 7 Meilen breiter sumpfiger Waldsaum mit un¬ 
durchdringlichem Gestrüpp und üppig aufschießendem Grase, in 
dem Krokodile und Schlangen, Elephanten und Nashörner, Löwen 
und Tiger hausen, trennt das eigentliche Land Indien von dem
	        
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