Full text: Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin

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300 Meilen langen Himalaya, d. i. Schneepalast, dem größten 
und schönsten Gebirge der Erde. Einzelne Gipfel desselben errei¬ 
chen eine Höhe von 26000 Fuß; seine Thäler sind schön und 
fruchtbar, stark bevölkert und gut bebaut; dichte Waldungen von 
herrlich blühenden und köstlich duftenden Bäumen bedecken seine 
Berge und Höhen; seine Schluchten und Pfade laufen oft so 
schmal und tief zwischen den weit überhängenden Felsenwänden 
hindurch, daß sie auch am Mittage nur von einem Dämmerlichte 
spärlich erleuchtet werden, und über dem allen wölbt sich ein meist 
reiner, tief schwarzblauer Himmel, dessen Sterne Nachts im hellsten 
Glanz leuchten. 
Im Westen entströmt dem Himalaya der Indus oder Sind 
und fließt unter vielen Krümmungen südwestlich ins persische 
Meer. Nicht weit von seinem oberen Laufe liegt das schönste 
Thal des Himalaya, das Thal Kaschmir. Etwa halb so groß 
wie Mecklenburg und rings von schneebedeckten Bergen umgeben, 
erfreut sich dies „Meisterstück der Natur" eines ewigen Frühlings 
und eines ungetrübten Friedens. Während sich oben die schwar¬ 
zen Wolken, vom Sturm gepeitscht, über die Gipfel der Berge ja¬ 
gen, ziehen unten die Spinnen ihr Gewebe von Baum zu Baum, 
ohne Furcht, daß der Wind die zarten Fäden zerreißen könnte. 
Baum und Strauch und Blume gedeihen im Frieden: nie wird 
ein Zweig gebrochen, nie eine Blüthe geknickt. Hieher hat die 
Sage vieler Völker das Paradies verlegt. ■—- Weiter nach Süden 
fließt der Indus durch eine meist sandige, baumlose, dürre und 
ungesunde Ebene. 
Der wichtigste Fluß, der dem Himalaya entströmt, ist der 
Ganges, der heilige Strom der Inder. Nachdem er aus dem 
Gebirge herausgetreten ist, nimmt er seine Richtung nach Süd-Osten 
und ergießt sich in das Meer von Bengalen. Zu seinen beiden 
Seiten dehnt sich eine gewaltige Ebene aus. Mit seinen 11 großen 
Nebenflüssen, die so groß wie der Rhein sind, verwandelt er durch 
reiche Überschwemmungen diese Ebene in fetten Fruchtboden, in 
welchem eine gewaltige Fülle von Pflanzen mit unglaublicher 
Schnelligkeit in die Höhe wächst. Das Mündungsland des Ganges 
aber ist feucht und ungesund, die Heimath der Cholera. 
Südlich von diesem Tieflande erhebt sich das Hochland De¬ 
kan. Während in den Ebenen schwüle Hitze herrscht und heftige 
Regengüsse zur Erde stürzen, hat das Dekan eine kühle, trockene 
und gesunde Luft. Reizende Hügel mit Waldungen immergrüner 
Bäume wechseln mit wasserreichen Thälern voll wilder Rosen und 
Jasmin. Ein immerwährender Frühling herrscht in diesem geseg¬ 
neten Erdstrich, zu dem aus der heißen Ebene in der Sommerzeit 
die Europäer emporsteigen, um den tödtlichen Krankheiten Indiens 
-- -'Je.-- v . -■ - <
	        
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