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diese, bald jene Flosse ausstreckt oder einzieht, kann er sich drehen und wenden,
wie er will, und beliebig das Wasser nach allen Richtungen durchkreuzen.
Die Menschen haben im Bau der Schiffe die Gestalt des Fisches nachgeahmt.
Da der Fisch den Schwanz nur seitwärts zu bewegen im Stande ist,
so würde er schwer oder gar nicht auf- oder abwärts steigen können, wenn
er nicht die Schwimmblase besäße, eine mit Luft gefüllte Blase im Innern
des Körpers, die er zusammendrücken und ausdehnen kann, nachdem es ihm
gefällt. Will er in die Tiefe steigen, so preßt er die Luft hinaus, damit sein
Körper kleiner und schwerer werde; will er in die Höhe steigen, so füllt er
die Blase wieder mit Luft, damit er ausgedehnter und leichter werde.
Die Fische haben die Luft eben so gut nöthig, als die Bewohner des
Landes; nur nehmen sie sie in anderer Weise und in geringerer Menge als
die letztem auf. Sie haben an beiden Seiten des Kopfes mehrere rothfarbige
Platten, welche aus vielen Falten und Verzweigungen bestehen und mit Adern
und Blutgefäßen ganz durchzogen sind. Diese Platten heißen „Kiemen" und
sind von außen durch einen harten Deckel geschützt. Wenn der Fisch athmen
will, schließt er die Kiemcndeckel, öffnet den Mund und zieht Wasser ein.
Dann schließt er den Mund, öffnet die Deckel und läßt das Wasser seitwärts
durch die Kiemen wieder ablaufen. Bei dieser Gelegenheit kommen die feinen
Blutgefäße in den Kiemen der Fische mit der im Wasser befindlichen aufgelösten
Luft in Verbindung, wie beim Athmen der Landthiere die Gefäße in den
Lungen mit der Luft, die uns umgiebt. Das ist freilich eine dürftige Ver¬
bindung des Blutes mit der Lebenslust, aber bei dem langsamen Umlauf
des kalten Fischblutes gerade genug, uni das Blut gesund zu erhalten. Wenn
die Kiemen trocken werden, muß der Fisch sterben, weil durch die gedörrten
feinen Adern das Blut nicht mehr fließen kann.
Die Fische vermehren sich ins Unglaubliche. Der Häring hat an 40,000,
der Karpfen 200,000, der Stör sogar über eine Million Eier bei sich. Daher
kommt es, daß uran trotz aller Verfolgung eine auffallende Abnahme der
Fische noch nicht wahrgenommen hat. Nur in den Flüssen und Landseen
verringert sich ihre Zahl augenscheinlich. Die zunehmende Bevölkerung bedarf
mehr Nahrung und fängt schonungslos jung und alt weg. Die Schifffahrt
auf Seen und Flüssen vernichtet eine Menge Laich; die Uferbauten beschränken
die zu Brutstellen tauglichen Plätze. Schon find einige Fischarteu in den
Landseen beinahe ausgestorben. Um die beliebte Nahrung nicht ganz zu ver¬
lieren, hat man bereits angefangen, die Fische künstlich zu ziehen. Man fängt
sie in der Laichzeit und setzt sie in große Wasserbehälter, damit sie an geeig¬
neten Stellen den Rogen ablegen. Ist die Brut ausgeschlüpft, so wird sie
in Flüsse und Seen gesetzt, damit das Wasser mit jungem Nachwuchs wieder
bevölkert werde.
Unter den Fischen ist noch mehr als unter den Landthiereu Krieg und
Mord an der Tagesordnung. Bei der ungeheuren Menge von Bewohnern,
die das Wasser birgt, ist nur ein kleiner Theil darauf angewiesen, sich von
Meerpfianzen zu nähren; der größte Theil lebt vom Raube. Manche unter
ihnen sind zu dem Ende mit furchtbaren Waffen versehen. Furchtbar durch
seine Kraft und Größe ist sonderlich der weiße Hai, der seine sechs Reihen
von Zähnen aufrichten und senken kann, wie er will. Sein Schwanz ist so
stark, daß selbst ein junges Thier mit einem einzigen Schlage einem Menschen
ein Bein zerbricht. Der weiße Hai, welcher in den wärmeren Meeren lebt,
ist der Schrecken aller Seefahrer; denn er folgt beständig den Schiffen und
wartet, ob nicht etwas zu erhaschen ist. Füllt ein Matrose ins Wasser, so
ist er auf der Stelle zur Hand. Der Mensch hat von Glück zu sagen, wenn
er weiter nichts als ein Bein in dem Rachen des Ungeheuers lassen muß.