106
dem Kranken; ein mit Essig angefeuchtetes Schwämmchen,
das man im Munde hält, ist eins der besten Mittel gegen
Ansteckung. Man unterdrücke auch alte Furcht und allen
Ekel vor dem Kranken.
6- Von der Seele des Menschen.
Dasjenige, was eigentlich unsern Leib belebt, ihm
Bewegung und Empfindung giebt, ist die Seele, ein
unsichtbares Wesen , dessen Dasein wir aber aus seinen
Wirkungen und Kräften bemerken können. Sie steht in
der genauesten Verbindung mit dem Körper, der das Werk¬
zeug der Seele ist, und der ihr vermittelst der Nerven und
Sinne Vorstellungen von Außendingcn zuführt; der aber
auch durch die willkürliche Thätigkeit der Seele in Bewe¬
gung gesetzt wird, wenn sie auf die Außenwelt wirken will.
— Die Seele ist es, welche z. B. meine Hand in Bewe¬
gung setzt, Worte auf das Papier zu schreiben. Die Er¬
fahrung ^lehrt uns auch, daß die Seele Einfluß auf den
Körper äußre, und dieser wieder Einfluß auf die Seele
habe. So erzeugt z. B. Heiterkeit der Seele körperliche
Behendigkeit, und Gesundheit des Körpers stimmt die
Seele zur Heiterkeit. Gewöhnlich nimmt man drei Haupt¬
vermögen der Seele an: das Erkenntniß-, das Ge¬
fühl- und das Bcg ehr ungsv erwögen.
I. Das Erkenntnißvermögen, oder das Ver¬
mögen der Seele, Erkenntnisse, d. h. Vorstellungen von
den Gegenständen zu erlangen. — Zuerst äußert es sich
und wirkt es, indem es mittelst der äußern Sinne die Bil¬
der von den gegenwärtigen äußern Gegenständen, und die
Eindrücke, welche sie auf uns machen, "auffaßt, und in so¬
fern heißt es Sinnlichkeit. Ein solches von der Sinn¬
lichkeit aufgefaßtes Bild nennt man eine A n sch a u u n g.
Wenn ich z. B. eine Rose sehe, so führen die Augen das
Bild derselben der Sinnlichkeit zu, welche es nebst dem
Eindrücke, den es auf uns macht, auffaßt, und so erhalte
ich eine Anschauung von der Rose. — Hätten wir keine
Sinne und Sinneswerkzeuge, so würden wir die Dinge,
die außer uns da sind, nicht erkennen können. Der Blinde
z. B. hat keine Vorstellung von Licht und Farbe; der