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2. Vom Bache noch einmal trinkt Nachtigall schnell: 
„Ade, liebe Fluren!" so singet sie hell, 
„ihr habt mich erquicket mit Speise und Trank, 
ich hab's euch gedanket mit schmetterndem Sang. 
Nun seid ihr ermüdet, wollt schlafen auch gehn — 
o möget im Lenze ihr wonnig erstehn! 
Wir Vöglein, wir können so lange nicht warten. 
Gott schirme indessen den schlummernden Garten! Ade! Ade!" 
3. Zum Fenster noch einmal blickt Schwälbchen hinein: 
„Ade, liebe Kinder, geschieden muß sein! 
Ich hatte mein Nest an dem Fenster gebaut, 
ihr habet mit Freuden die Kleinen geschaut 
und gern ans mein Zwitschern des Morgens gehört 
und habet mir niemals den Frieden gestört; 
drum möge auch euch in Freud' und Gefahren 
der Himmel die liebenden Eltern bewahren! Ade! Ade!" 
133. Vorurüsedeir. 
vis Lrüäsr Grimm. Kinder- u. Hausmärchen. Große Ausgabe. 21. Ausl. Berlin 1886. Wilh. Hertz. 
Vor Zeiten war ein König und eine Königin, die sprachen jeden 
Tag; »Ach wenn wir doch ein Kind hätten I« und kriegten immer 
keins. Endlich aber bekamen sie ein Mädchen, das war so schön, 
daß der König vor Freude sich nicht zu lassen wußte und ein großes 
Fest anstellte. Er ladete nicht bloß seine Verwandten, Freunde und 
Bekannten, sondern auch die weisen Frauen dazu ein, damit sie dem 
Kind hold und gewogen wären. Es waren ihrer dreizehn in seinem 
Reiche; weil er aber nur zwölf goldene Teller hatte, von welchen 
sie essen sollten, so mußte eine von ihnen daheim bleiben. Das Fest 
ward mit aller Pracht gefeiert, und als es zu Ende war. beschenk¬ 
ten die weisen Frauen das Kind mit ihren Wundergaben: die eine 
mit Tugend, die andere mit Schönheit, die dritte mit Reichtum und 
so mit allem, was auf der Welt zu wünschen ist. Als elfe ihre 
Sprüche eben gethan hatten, trat plötzlich die dreizehnte herein. Sie 
wollte sich dafür rächen, daß sie nicht eingeladen war, und ohne 
jemand zu grüßen oder nur anzusehen, rief sie mit lauter Stimme: 
»Die Königstochter soll sich in ihrem fünfzehnten Jahr an einer Spin¬ 
del stechen und tot hinfallen.« Und ohne ein Wort weiter zu spre¬ 
chen, kehrte sie sich um und verließ den Saal. Alle waren er¬ 
schrocken, da trat die zwölfte hervor, die ihren Wunsch noch übrig 
hatte, und weil sie den bösen Spruch nicht aufheben, sondern nur 
ihn mildern konnte, so sagte sie : »Es soll aber kein Tod sein, sondern 
ein hundertjähriger tiefer Schlaf, in welchen die Königstochter fällt«.
	        
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