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Die Kinder weinten laut auf und gelobten ihm, sei¬
ner lezten Ermahnungen eingedenk zu sein. Stillschwei¬
gend reichte er noch jedem die Hand; er wollte noch
einmal reden; aber die Zunge versagte ihm den Dienst.
Seine lezten Worte schwebten seinen Kindern bei jeder
Versuchung zu ihren herrschenden Fehlern vor; sie ehrten
und verpflegten ihre Mutter bis an's Ende, und ehren
noch heute das Grab ihrer Eltern durch ihre Tugenden
und ihr Gebet für sie.
Das Aogelneft.
(Fragkndcr Ton.)
Heinrich, (auf einen Baum deutend) Siehst du?
Siehst du da oben?
Wilhelm. Was denn?
Heinr. ... die Kohlmeise in's Astloch schlüpfen. —
Da ist gewiß ihr Nest!
Wilh. Gut! so wünsch' ich ihr Glük dazu, und
dir viel Glük zur Entdekung.
Heinr. Du glaubst doch nicht, daß ich den Fund
allein behalten wolle?
Wilh. Verkaufe nur die Bärenhaut nicht zu früh»
— Aber was wollen wir denn mit den Vögelchen
machen?
Heinr. Sie in ein Käfig steken.
Wilh. Und darin verhungern lassen?
Heinr. Warum nicht gar? Können wir sie nicht
vor unser Fenster hängen, daß die Alten sie groß füt¬
tern?
Wilh. Werden sie daß auch thun?
Heinr. Warum nicht? der Baum ist ja nahe ge¬
nug an unserm Hause. — Kannst du dir was Lustigeres
denken, als die jungen Vögelchen so flattern, zwitschern
und das Maul aufsperren zu seh'n, wenn die Alten mit
Futter kommen?
Wilh. Und so etwas macht dir Vergnügen?
Heinr. Warum nicht?