Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

Die vorberei¬ 
tenden Ursa¬ 
chen der fran¬ 
zösischen Re¬ 
volution. 
Dritter Zeitraum. 
Jt e u e st e Geschichte. 
Vom Ausbruch der französischen Revolution 
bis zur Gegenwart. 
1) Die französische Geschichte vom Ausbruch der französi- 
scheu Revolution bis zum Sturz des Convents. 
Beträchtliche Ueberreste der mittelalterlichen Staatsver- 
sassung hatten sich in der Steuerfreiheit, in der Gutsherrschast und 
in den sonstigen Standesrechten des Adels und der hohen Geistlichkeit 
erhalten. Der Adel besaß in dem ausschließenden Anrecht auf die hoch, 
ften Staats- und Kriegsämter wie auf den Umgang mit den Fürsten 
nicht bloß einen großen äußeren Schimmer, sondern auch eine große 
Bedeutsamkeit. Wenn auch der Bürger durch Gewerbe und Handel sich 
bereichert und ein weltlicher Gelehrtenstand sich gebildet hatte, wenn 
auch bürgerliche Beamte am Ruder, bisweilen sogar am Steuerruder 
des Staatsschiffes saßen; doch gab es Fälle, wo die Ehrenrechte des 
Adels eine ausschließende Geltung behaupteten. Es hatte sich ein St an- 
desgeist des Adels gebildet, und die Mitglieder des ritterlichen Adels 
schienen den Fürsten am meisten geeignet, die höheren Stellen des Hof- 
und Kriegsstaates zu bekleiden. Als im 18. Jahrhundert eine höhere 
geistige Bildung vom Mittelstände aus über die ganze Nation sich ver- 
breitete, und die Staatsdienerschaft, welche diesem Stande angehörte, 
eine größere Wichtigkeit erlangte, trat die gesellschaftliche Zurück, 
setzn ng des Bürger standes immer greller hervor. Der Bürgerliche 
durfte grundherrliches Eigenthum gar nicht oder nur unter großen Be¬ 
schränkungen erwerben, er war in der Regel von den höheren Staats¬ 
ämtern und den Officierstellen ausgeschlossen und nicht hoffähig. In 
Rußland war der Rang der Personen an die Staatsämter geknüpft 
und die Erlangung der letzteren vom Geburtsadel unabhängig erklärt; 
in England war der niedere Adel mit dem Bürgerstande im Unter¬ 
hause zu einer Körperschaft verschmolzen, während der hohe Adel des 
Oberhauses auf die Häupter der Familien beschränkt war. In Deutsch¬ 
land hingegen fand keine Verbindung der Stände zu einer nationalen 
Gesammtheit statt; die Standeßrechte des Adels erschienen als Vor-
	        
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