Full text: Vaterländisches Lesebuch

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und ein Stück schwarzes Brod geben liess. Er war unzu¬ 
frieden , dass er seine Reise zu Fusse machen musste und 
dabei nichts Besseres essen konnte. 
Kunz sass noch nicht lange im Gasthofe, da kam ein 
schöner Wagen gerollt, in dem ein reicher Mann sass, der 
sich ein Stück kalten Braten und eine Flasche Wein rei¬ 
chen liess, was er in seinem Wagen verzehrte. Kunz sah 
ihm hämisch zu und dachte: „Wer es doch auch so hätte! " 
Der Reiche merkte es und sagte zu ihm: „Hättest du 
wohl Rust, mit mir zu tauschen?" —> „Das versteht sich," 
antwortete Kunz, ohne sich lange zu bedenken. „Steige 
der Herr nur aus, und gebe mir Alles, was er hat, ich will 
ihm auch Alles geben , was ich habe." 
Jetzt befahl der Reiche seinen Bedienten, dass sie ihn 
aus dem Wagen heben sollten. — Gott! welcher Anblick! 
Seine Füsse waren gelähmt, er konnte nicht stehen, son¬ 
dern musste sich von seinen Bedienten so lange halten las¬ 
sen, bis die Krücken herbeigebracht wurden, auf die er 
sich stützte. „Nun!" fragte der Reiche, „hast du noch 
Lust, mit mir zu tauschen?" 
„Bei Gott nicht!" gab der erschrockene Kunz zur 
Antwort. ,, Ich will lieber schwarz Brod essen und mein 
eigner Herr sein, als Wein und Braten haben, und mich 
wie ein kleines Kind von Andern umherführen lassen. Gott 
behüte euch!" 
Mit diesen Worten stand er auf^und ging fort. 
„Hast recht!“ rief ihm der Reiche nach. „Könntest 
du mir deine gesunden Schenkel geben, du solltest meinen 
Wagen, meine Rappen, mein Geld, Alles dafür haben. 
Ein gesunder armer Mann ist glücklicher, als ein reicher 
Krüppel.“ 
TI. Näthfel. 
Verfertigt- ist's vor langer Zeit, doch mehrentheils gemacht 
erst heut. Sehr schätzbar ist es seinem Herrn, und dennoch hü- 
tets Niemand gern. 
22. Der Bogenschütze. 
^ Zu dem Könige Philipp in Griechenland, Welcher eine feste 
Stadt belagerte, kam ein Bogenschütze, Namens Aster und bot 
ihm seine Dienste an. „Du Wirst mich brauchen können, König 
Philipp," sprach er; denn ich fehle niemals mit meinem Bogen, 
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