224
edele Weib, nun müßen wir helfen! —Du weißt
doch wohl: daß es der liebe Gott befohlen bar.
will keiner sich des armen Menschen annehmen:
so wollen wir barmherzige Samariter seyn. Geh!
hol die Pferde, und spann vor den Magen, und bring
den Menschen herein ms Haus! — Der Mann konnte
nicht mehr widerstehen und der Kranke ward allo verein
geholt. Man zog ihm gleich reine Wasche und Kleider an,
und vergrub seine zerrissenen Lumpen. Es ward auch also-
bald ein Arzt gerufen, der ihn in Kurzem völlig hellte. Wie
Die edele Retterinn , welche Lutherisch war, hörte, der
Kranke sey ein Katholik; so schickte sie ung. säumt nach Peine,
und ließ einen Katholischen Geistlichen von daher zu ihm ho¬
len. Kurz, sie pflegte den Geretteten so gut und unermü-
det, daß er wieder ein tüchtiger Arbeiter ward.
Aus Dankbarkeit diente er noch fünf Jahre treulich auf
ihrem Hofe.
Diese brave Frau ist etwa im Jahr 1778 gestorben, und
ihr Ehemann lebte damals noch.
33# Der ehrliche, gewissenhafte Tagelöhner.
f\3tt einem ansehnlichen Hause arbeitete oft cm Tage¬
löhner , der überall das Lob eines fleißigen rechtschaffenen
Mannes hatte. Einst spaltete er in den kurzen Winterta¬
gen Holz. Als der Abend herein brach , gab ihm der Haus¬
herr seinen Tagelohn, und zwar so viel, als er sonst in
langern Tagen bekam. Er zählte das Geld, und sprach, es
ist zu viel, so viel habe ich heute nicht verdient; auf die
Antwort, es solle ihm doch gegeben werden, nahm er es mit
sich.
Einige Tage nachher, hört man am Abend, da es
sehr heller Mondschein ist, jemand im Hoie Holz spalten.
Es wird einer hinaus geschickt zu sehen, wer dieß ist; und
siehe, es ist der alte ehrliche Tagelöhner, der auf die Frage,
warum er itzt diese Arbeit verrichte, die Antwort gibt: