Full text: Geographische Skizzen aus Europa

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wurde dieses Ereigniß als ein großes Fest gefeiert. Man fuhr mit 
Schlitten und Wagen über den See. 
Eigentlich besteht das »Schwäbische Meer« aus folgenden drei 
Haupttheilen: 1. dem Ober- oder eigentlichen Bodensee, der Haupt¬ 
theil zwischen Bregenz nnd Constanz, 1246' über dem Meere und 
ca. 8 QM. groß; 2. dem Ueberlinger-See. auch Hinter- oder Bod- 
mersee genannt, mit der reizenden, 3U Ml. im Umfange haltenden 
Insel »Mainau«, die mit herrlichen Weinbergen, lachenden Fluren, 
köstlichen Wiesen, hübschen Gartenanlagen und fruchtbaren Obstbai- 
nen besetzt ist, und 3. dem Unter- oder Zellersee, zwischen Constanz, 
Radolfzell und Stein, eigentlich ein für sich allein bestehender See, 
der über 1 QM. groß ist und die ebenfalls schöne Insel »Reichenau«, 
über 1 Std. lang und Va Std. breit, enthält. Reichenau enthält 
drei Pfarrdörfer: Ober-, Mittel- und Unter-Zell, die von etwa 
1500 Menschen bewohnt werden, welche mit Getreide-, Wein- und 
Obstbau und Fischerei sich beschäftigen. Das vorerwähnte Jnselchen 
»Mainau« im Ueberlinger-See steht durch eine 5- bis 600 Schritt 
lange Brücke mit dem Festlande in Verbindung, hat ein schönes 
Schloß, von dem aus man eine herrliche Fernsicht über den Spie¬ 
gel des See's nach Meersburg, Lindau, Bregenz und den Alpen¬ 
höhen hin genießt, und etwa 25 Bewohner. Noch besonders zu 
merken ist, daß der Zellersee bei Radolfzell um 48' tiefer, als der 
Obersee liegen soll. 
Am Strande wird von den Wellen unablässig eine Menge Ge¬ 
röll hin und her geworfen. Bunt durcheinander liegen die rund¬ 
lichen Körperchen des Alpenkalks, Syenits. Granits, Quarzes und 
Gneißes wie Sand am Meere. Prächtig ist der Anblick des See's 
besonders beim Auf- und Niedergang der Sonne. Kein Pinsel ver¬ 
mag die Farbenpracht dieses Naturgemäldes hervorzubringen. »Mor¬ 
gens zittern am Ende des blauen, sanft sich hinunterwölbenden 
Wasserspiegels die Thürme von Constanz wie frei über dem Wasser 
schwebend vor dem Auge, das bei der Klarheit des Bildes die acht 
Stunden Weges bis da hinab vergißt. Mittags ziehen sich die 
prächtigen Berge, se schöner das Wetter ist, desto zarter und schmel¬ 
zender den aus Licht und Duft gewobenen Mantel über die grünen 
Gelände und altersgrauen Häupter mit dem spärlichen Silberhaare. 
Abends senkt sich der purpurrothe Feuerball dem, welcher ani Br-e- 
genzer Ufer wohnt, in die blinkende Fluth, wie einst den Griechen 
der strahlengekrönte Gott in den Schooß der Meeresgöttin Thetis 
sich senkte; wer aber bei Friedrichshafen oder Romanshorn das 
schöne Schauspiel betrachtet, der sieht, wie die Bregenzer Berge 
allen Schein und Widerschein in ihrem weiten Busen sammeln, um 
vom Gebhardskirchlein bis hinauf zur letzten Sennhütte in Licht und 
Glanz zu strahlen. Der Säntis aber und seine sieben Churfürsten 
hinter ihm glühen vor Freude ob all' den Wundern, auf die sie in
	        
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