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So fest die alten Häuser der Stadt gebauet sind, so leicht und
nachlässig ist die Bauart der neuern. Man bedingt mit dem
Baumeister, ob das Gebäude zwanzig oder dreißig Jahre bewohn¬
bar bleiben soll, und in Kurzem steht es da. Man darf aber nur
die Mauern ansehen, um das Wunder zu begreifen. Die mei¬
sten sind gerade nur dick genug, um nicht gleich zusammen zu
stürzen. Dafür gewähren aber auch diese Häuser im Sommer kei¬
nen Schutz gegen die Hitze, noch im Winter gegen die Kälte. Bei
den Gastmahlen zittert die zusammengebetene Gesellschaft vor Frost
im weiten Prnnksaale.
So angenehm Hamburg sonst auch seyn mag, so widerlich
ist die Stadt in den späten Herbsttagen. Eine dichte Dunstmasse
hangt alsdann über ihr und stürzt bald in Regengüssen, bald in
dichtem Schnee herab; die ganze Atmosphäre ist feucht und ne¬
belig und bleibt cs oft mehrere Monate lang. Nicht selten muß
man alsdann zum Mittagmahl Licht anzünden. Die Eingcbor-
nen Hamburgs wandern zwar wohlgemuth durch den Schmutz
ihrer engen Gassen, weil sie cs nicht anders gewohnt sind; aber
die Fremden gehen mit verstörten Gesichtern und muthlos um¬
her. Die Gassen sind immer voller Koth; keine Jahreszeit, keine
Witterung schafft ihn fort; weder der heiterste Sommertag, noch
der Frost der Winternächte vermag ihn ganz zu trocknen, weil
das Pflaster meisteutheils einen morastigen Grund hat.
Der Schmutz in den Straßen und die Feuchtigkeit der At¬
mosphäre sind aber noch nicht das Schlimmste. Man athmet
verpestete Luft ein, wohin man sich wendet. Entfernt man sich
aus einer Straße, durch die eben eine Heerde Ochsen zieht, die
nicht den besten Geruch verbreiten, so kommt man in eine an¬
dere, wo das vielfach gefärbte Wasser eines Grabens Ekel erregt,
oder wo Heringsgestank und gegerbte Felle die Luft vergiften.
Will man, wenn die Sonne auf kurze Zeit die Dunsimasse
zerstreut hat, der freien Luft genießen, so muß man auf den Wall
gehen, der wirklich einer der schönsten Spaziergänge im nördli¬
chen Deutschland ist, denn man hat da eine immer wechselnde,
immer reizende utib lebendige Aussicht.
Andere höchst interessante Orte sind Hamburgs Häfen. c Die
Stadt hat deren'zwei, einen für die Fluß-, den andern für die
Seeschiffe; beide werden zugleich mit den Thoren geschlossen.
Viele hundert Schiffe von allen Nationen, die Handel zur See
treiben, liegen hier beisammen; mit jedem günstigen Winde se¬
geln mehrere ab, oder kommen an. Durch diese Häfen steht die
Stadt in Verbindung mit allen Theilen der Erde und erhalt da¬
durch immer neues Leben und Anregung zur Betriebsamkeit.^ c
Die Stadt Hamburg enthält in 227 Straßen über 8000 Hau¬
ser mit ungefähr 107,000 Einwohnern, die sich meist alle zur lu¬
therischen Religion bekennen. Die Anzahl der hier wohnenden
Juden ist beträchtlich. Die Kirchen Hamburgs sind, die in einem