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schwimmen eine Menge schön verzierter Gondeln auf ihm, und
fast aus jeder tönen Musik und frohe Gesänge zum Ufer her¬
über. — Der Winter verändert die Scene. Die Lustboote ver¬
schwinden, und sobald ein starker Frost das Wasser mit festem
Eise belegt hat, versammelt sich Alles darauf, was gelernt hat,
Schlittschuh zu laufen und Vergnügen daran findet. Hat es ge¬
schneit, so sind eine Menge Menschen beschäftigt, den Schnee
wegzuräumen, um einige Schillinge zu verdienen. Andere bieten
auf dem Eise Schlittschuhe zur Miethe aus, oder haben in kleinen
Buden erwärmende Getränke feil, und Knaben, Jünglinge und
Männer belustigen sich hier in buntem Gewühl. — So oft sich
auch Unglücksfälle ereignen, so fällt es doch dem Magistrate nicht
ein, das Schlittschuhlaufen zu verbieten. Er begnügt sich, durch
Wachen die Wagehälse von den gefährlichen Stellen zurückzu hal¬
ten, und denjenigen, die in Gefahr sind zu verunglücken, zu Hülfe
zu kommen. In der That, wer möchte den Gebrauch der Messer
verbieten, weil sich ein Ungeschickter bisweilen damit verwundet?
Hat ein Armer das Unglück gehabt, auf der Eisbahn oder
anderswo beschädigt zu werden, so wird er in einem Krankenhause
verpflegt, denn in einer Stadt wie Hamburg fehlt es nicht an gu¬
ten Armen- und Wohlthätigkeitsanstalten. Man hat da ein Dienst¬
boten- und Matrosenhospital, ein Waisenhaus, mehrere Kranken-
und Arbeitshäuser, ein Pockenhaus und einen Pesthof.,
Dieser sogenannte Pesthof besteht in mehreren Gebäuden, die
außerhalb der Stadt, an der Grenze ihres Gebietes gegen Altona
zu liegen. Er wurde schon im Jahre 1606 errichtet, wo die Pest
wüthete, um die Erkrankten von den Gesunden in der Stadt zu
trennen. Nachmals wurde er zur Aufnahme von Kranken aller
Art, der Krüppel, der Blödsinnigen u. s. w. gebraucht. Auch
arme Fremde wurden darin aufgenommen, wenn sie erkrankten.
Dieser Pesthof enthält drei große Häuser zur Wohnung der Kran¬
ken, eine schöne moderne Kirche, ein zierliches Predigcrhaus nebst
einem Garten, Nebenwohnungen für die Officianten, ein Back¬
haus, Viehställe u. s. w. Es sollen hier 800 bis 1000 Menschen
verpflegt werden. Diejenigen, die Kostgeld bezahlen, erhalten
eigene Stübchen; die Andern aber sind in ungeheure Säle ein-
quartirt, wovon zwar einige hoch und luftig, andere aber auch
niedrig, dunkel und stets mit verpesteter Luft angefüllt sind. Nicht
ohne Schauder sieht man hier lange Reihen von Betten, wo in
ewiger Dämmerung Kranke und Halbgesunde mit blassen, abge¬
zehrten Gesichtern auf ihren Kästen sitzen und einen freudenlosen
Tag nach dem andern hinschleichen sehen.
Einen Anblick ganz anderer Art gewährt die Börsenhalle der
Kaufleute, wo Alles in reger Thätigkeit sich nur dem Triebe nach
Gewinn hingibt, und wo nie von Noth und Elend die Rede ist.
Doch gar Mancher von denen, die hier über Hunderttausende
verfügen, findet ein Lazareth zu Hause, und die Natur behan-