Full text: Europa's Länder und Völker

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Bremen. 
Das alte Bremen, in einer ebenen sandigen Gegend und 
an beiden Ufern der Weser, von der es durchströmt wird, hat 
zwar keine romantisch-schöne Lage, eine desto vortheilhaftere aber 
für den Handel, da diese Stadt nur ,5 Meilen von der Nordsee 
entfernt ist. Eine hölzerne Brücke verbindet die Allstadt mit der ' 
Neustadt. Die Stadt hat gegen 38,ooo Einwohner. Die Stra¬ 
ßen sind größtentheils eng, winklicht und krumm, und durch die 
hohen, ein graues Alterthum verkündenden Hauser, düster und 
dumpfig. Die Gebäude selbst, meistens im altgothischen Ge¬ 
schmack aufgeführt, haben kein anderes Interesse, als die Erin¬ 
nerung, die sie an die Blüthczeit der einst so gefürchteten Hanse 
und an die verflossenen Jahrhunderte erregen. 
Das Rathhaus, von altgothischer Bauart, ruht auf antiken 
Arkaden, und ist mit geschnorkelten und mit sonderbaren Zierra- 
then überladenen Säulenordnungen, mit Bildsäulen deutscher Kai¬ 
ser und Kunstspielereien jeder Art bis zum Giebel ausgeputzt. Die 
unter dem Rathhause hinlaufende Bogenhalle ist mit Buden ange¬ 
füllt, in denen Nürnberger Waaren, Kupferstiche, Näschereien 
und dergleichen feil geboten werden. 
Ueber der Thür des Versammlungssaalcs liest man die Jahr¬ 
zahl i55o. Er ist durch eine Scheidewand abgetheilt. In der 
Hauptabtheilung sind die Stühle des eigentlichen Rathskonvcnts 
mit Schranken umgeben, die mit den gemalten Bildnissen der 
deutschen Kaiser von Karl dem Großen bis Friedrich II. verziert 
find. Die Stühle selbst sind mit den geschnitzten Bildnissen bibli¬ 
scher Personen und der berühmtesten Philosophen, Historiker und 
Dichter des Alterthums ausgeschmückt, auch mit erbaulichen Sprü¬ 
chen zur Belehrung und Warnung der Richter ausgestattet. An 
den Fenstern sieht man Malereien auf Glas von mittelmäßigem 
Werthe. Die Decke ist mit den Bildnissen der deutschen Kaiser 
von Karl dem Großen bis Matthias geziert. 
Der Rathskeller unter dem Rathhause enthalt einen reichen 
Vorrath der trefflichsten, besonders rheinischen Weine, die hier 
für Rechnung der Stadt in kleinem Gemäße verkauft werden. 
Unter den Merkwürdigkeiten dieses Kellers zeichnen sich die zwölf 
Apostel, zwölf ungeheure Fässer des edelsten Rheinweins, und 
die sogenannte Rose, die Krone dieses Rebensafts, aus. 
Dem Rathhause gegenüber ist die Börse, ein^schmgckvolles 
Gebäude, in einem neueren edlen Styl. Die Säulen sind hier 
toskanischer und jonischer gemischter Ordnung. Das Gebäude 
enthält einen sehr geräumigen, einfach verzierten Saal, mehrere 
Zimmer und andere zweckmäßige Einrichtungen. 
Die reformirte Religion ist die herrschende, doch sind die Lu¬ 
theraner fast zahlreicher als die Reformirten. 
Unter den Kirchen hat der Dom durch sein hohes Alter, durch
	        
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