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bet, eine ungeheure Grotte von über einander gethürmten Felsen-
stücken angebracht ist. Auf dieser steht nun der kolossale Herku¬
les, gewöhnlich auch der g r o ß e C h r i st o p h genannt, von Erz,
ein und dreißig Fuß hoch und verhältnißmäßig dick. In seiner
Keule allein können sieben Personen geräumig sitzen. Ein Ita¬
liener, Francesco Gueruieri, begann und vollendete die¬
sen Bau, und verewigte damit seinen Namen. Voller Entzücken
übersah ich die große umliegende Gegend bis an ihren Horizont,
den auf der einen Seite der rauhe Brocken begrenzt^ übersah die
Menge der Städte und Dörfer, die in malerischer Schönheit im
Thale umher lagen, übersah das reizende Kassel, den herrlichen
Gerten tief unter mir, und in jeder Abtheilung desselben eine
Menge fröhlicher Menschen, deren Jubel die Luft erfüllte.
Wir verweilten noch eine Zeit lang vor der oben erwähnten
Grotte, in deren Hauptnische eine Wasserorgel hinter dem Fel¬
sen versteckt ist. Die Orgel sollte in einigen Minuten zu spielen
anfangen, und Alles stand voller Erwartung der Dinge, die da
kommen sollten. Mit dem Schlage vier stiegen aus zwei Röhren
zwei Wasserstrahlen, als Signal des nun beginnenden Schau¬
spiels, kerzengerade hoch auf. Einige Augenblicke nachher sprang,
nahe bei dem Bassin der Orgel, eine dritte große Fontaine mit
neun kleinern, und nun begann auch die Orgel, von dem Wasser
getrieben, eine angenehme Symphonie. Alles drängte sich her¬
bei, um die harmonischen Töne zu vernehmen, und eben so ge¬
schwind sprang Alles wieder aus einander! Mehr als hundert
kleine verborgene Röhren sprühten aus dem Boden, auf dem wir
standen, so unvermuthct Wasser um und über uns her, daß man
sich kaum zu retten wußte, Einer über den Andern fiel, und wir
Alle von oben bis unten durchnäßt wurden. Die Kasseler, mit
diesem Spaße schon bekannt, blieben indeß in einer bescheidenen
Entfernung stehen und warteten schadenfroh die Wirkung davon ab,
die ganz ihrer Erwartung entsprach und allgemein belacht wurde.
Jetzt eröffnete sich eine neue Scene. Das Wasser hatte die
Becken gefüllt und fiel nun aus einem Becken der Kaskade in
das andere von der Höhe der Orgel bis in die sogenannte Nep¬
tunsgrotte. Die Sonne warf eben ihre Strahlen'über den gan¬
zen Wasserfall, so daß, wenn man von oben herab sah, man
einen Silberstrom fallen zu sehen glaubte. In die unterste Kas¬
kade, die Neptunsgrotte, stürzt das Wasser mit solcher Gewalt,
daß der dadurch bewirkte Druck der Luft in den Hörnern der Tri¬
tonen ein auffallend dumpfes Getöse hervorbringt. In der Grotte
selbst geht man unter dem Wasserfall trocknen Fußes hinweg.
Von hier kommt man gerades Wegs in die Hölle. Die
Aussicht aus derselben ist äußerst überraschend und täuschend.
Himmel und Erde scheinen um und um in vollem Feuer zu ste¬
hen, und es scheint, als ob Alle, welche sich außerhalb der Hölle
befinden, durch hell auflodernde Flammen einhergingen. Eerbe-
Europ. Land. H h