Full text: Europa's Länder und Völker

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hinter denen sie Schutz vor den kalten Winden haben. Melo¬ 
nen, Gurken und andere zarte Früchte wachsen nur auf bedeck¬ 
ten Mistbeeten, und Feigen und Trauben nur in Treibhäusern. 
Bis zu Ende des Monats Junius kann man in den Zimmern 
des Kaminfeuers nicht entbehren. In manchen Häusern lodert 
es, wenigstens am Morgen, durch das ganze Jahr. 
Das angenehme Gefühl, das uns hier in Deutschland im 
Sommer eine gemäßigte Hitze einflößt, und die noch wohlthä¬ 
tigere Erquickung, hiernach einem heißen Tage ein kühler Abend, 
oder der erfrischende Schatten dickbelaubter Bäume gewährt, ist 
den Irländern gänzlich unbekannt. Die Nächte sind ungefähr 
wie die Tage, und früh Morgens ist cs nicht viel kühler als zu 
einer andern Stunde. Aber eben diese Temperatur macht zu¬ 
gleich, daß auf der ganzen Landschaft ein ewiger Frühling zu 
blühen scheint. Da'ist nichts Verbranntes, nichts Braunes, 
nichts Gelbes unter dem Grün; alles ist frisch und erquickend. 
Selbst der Winter ist nicht gar viel anders. Man hat hier 
weder Kuh- noch Schafställe, denn alles Vieh bleibt das ganze 
Jahr unter freiem Himmel. Wenn ein Edelmann von seinem 
Landsitze weg in die Stadt zieht, so läßt er alle überflüssigen 
Pferde in seinem Park zurück, wo sie wild und unbedeckt bis 
zum Frühjahr herumschweifen. Man fängt sie dann wieder ein 
und gewöhnt sie leicht an ihre vorigen Arbeiten. Daher, daß 
das Vieh immer unter freiem Himmel ist, kommt es, daß das 
Fleisch einen viel bessern Geschmack als anderwärts, selbst in 
der Schweiz hat. Auch lebt man darum in Irland grbßteu- 
theils von Fleischspeisen. 
Ungeachtet seiner Feuchtigkeit, ist das Clima keineswegs un¬ 
gesund. Unter den Männern besonders sieht man fast nichts 
als starke, kraftvolle Körper, und nirgend hört man weniger 
von Rheumatismen, schwachen Magen, Podagra und Fiebern. 
Eben so kräftig wie die Menschen ist der Boden, auf dem al¬ 
les mit unbeschreiblicher Ueppigkeit wächst. 
21. Armuth des gemeinen Mannes. 
In Irland scheint die Welt nur den Reichen und Großen 
Zu gehören, die hier ungeheure Striche Landes haben. Diejeni¬ 
gen aber, die es bauen, leben in der äußersten Armuth. 
Wer ein Landgut besitzt, der verpachtet einen Theil davon 
an einen Landwirth oder Pachter, der gewöhnlich schon ein ge¬ 
wisses Vermögen hat. Oft wird dieser durch einen solchen Pacht 
sehr reich, kauft sich eigene Güter und lebt wie ein angesehener 
Mann. Die größeren Pachter zertheilen das Land in kleine 
Stücke und verpachten diese wieder an Arme, die auf diesem 
Stückchen Lande in einer elenden Hütte wohnen. Auf großen 
Gütern werden mehrere Pachter angenommen. 
Kommt man in eine solche Hütte, so sieht man überall das
	        
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